Glücksgefühle zum Schluss

Lars Kaufmann vor Karriereende

Thomas Bleicher
31. Mai 2017, 08:20 Uhr

Lars Kaufmann half mit seinen acht Toren im Finale des EHF-Cups gegen die Füchse Berlin tatkräftig dabei mit, dass Göppingen erneut Europapokalsieger wurde. Drei Spiele noch - darunter am Mittwoch das Heimspiel gegen Flensburg - dann wird der 35 Jahre alte Weltmeister von 2007 seine Handball-Karriere voraussichtlich beenden. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Göppingen. Am drittletzten Spieltag der Handball-Bundesliga gastiert die SG Flensburg-Handewitt bei Frisch Auf Göppingen (Mittwoch, 19 Uhr/Live auf Sport1). Dort spielt der Ex-Flensburger Lars Kaufmann. Flensborg Avis sprach vorab mit dem 35-Jährigen u.a. über das bevorstehende Liga-Spiel, den erneuten Gewinn des EHF-Cups vor zehn Tagen sowie das bevorstehende Karriere-Ende.


Hallo Lars. Wie haben Sie am Sonntag die Flensburger Niederlage gegen die Rhein-Neckar Löwen erlebt, die der SG voraussichtlich den Meistertitel kosten wird. Leidet man da als ehemaliger SG-Spieler mit?
Lars Kaufmann: Ja, auf jeden Fall. Ich habe mir das Spiel natürlich angeschaut. Im Vorfeld wurde viel über das Spiel berichtet und ich habe auch mitbekommen, dass die Fans zuvor beim Training in der Halle waren und dass ein Fan-Marsch organisiert wurde. Die gesamte Handballwelt hat auf dieses Spiel geschaut. Von daher war es etwas traurig, dass die SG nicht die Leistung gezeigt hat, wie sonst die meisten Spiele in dieser Saison. Man muss aber auch sagen: Die Rhein-Neckar Löwen haben verdient gewonnen. Sie haben an diesem Tag die bessere Leistung gezeigt, die bessere Abwehr gestellt und weniger Fehler gemacht.

»Nochmal ein Traum wahr geworden«

Nun kommen die Flensburger zu Euch. Was erwarten Sie für eine SG-Mannschaft?
Lars Kaufmann: Ich kenne ja die meisten noch. Ich weiß, dass jeder trotzdem bis zuletzt alles geben wird, denn die Chance ist ja noch da. Mit Schützenhilfe von Wetzlar und vielleicht Kiel ist ja noch eine Chance da, um Meister zu werden. Sie werden anreisen und alles geben und auf jeden Fall werden sie die zwei Punkte mitnehmen wollen.

Und wie sieht es aus in Göppingen - wie geht es Ihnen? 
Lars Kaufmann: Wir hatten jetzt das Highlight der Saison gehabt, mit dem EHF-Cup. Wir haben den Titel geholt und sogar verteidigt. Wenn man die Bundesliga-Saison betrachtet, sind wir weit hinter unseren Zielen zurück geblieben. Aber mit dem EHF-Titel ist natürlich ein Traum nochmal wahr geworden am Ende der Karriere. Es war schön, dass nochmal in der Heim-Halle zu erleben. Es war einfach cool. Vor zwei Jahren habe ich gesagt 'ich will nochmal um einen Titel mitspielen'. Dass es dann gleich zwei Titel wurden ist natürlich überragend.

»Für mich ein perfekter Abschluss«

Auch gegen die SG Flensburg-Handewitt am Mittwochabend will Lars Kaufmann so zielstrebig wie im Cup-Finale gegen Berlin auf Torejagd gehen. (Foto: Marijan Murat, dpa)

Was haben Sie gefühlt, als Sie den Pokal in die Hände bekommen haben?

Lars Kaufmann: Natürlich haben wir viel Druck gehabt. Und es war ja auch unsere einzige Chance, in dieser Saison noch etwas zu reißen. Von daher war es natürlich auch Erleichterung. Es waren pure Glücksgefühle. Viele aus meiner Familie waren da. Es war quasi das letzte Mal die Chance, mich noch mal um einen Titel mitspielen zu sehen. Es war auch sehr emotional. Von daher war es für mich ein perfekter Abschluss.

Sicherlich doch auch Genugtuung, schließlich wurden Sie zum MVP (Most Valuable Player) des Turniers gewählt. Lars Lars Kaufmann: Obwohl ich nur ein Spiel gespielt habe. Ja, es war natürlich auch für mich nochmal Genugtuung zu zeigen, dass ich nochmal meine Leistung zeigen konnte. Ich habe mich gefreut, dass ich einen Teil zum Titel beitragen konnte. Dass es so perfekt läuft, hätte ich auch nicht gedacht. Aber ich habe die ganze Zeit auf meine Chance gewartet. Gegen Magdeburg habe ich nicht gespielt. Ich wusste aber, dass ich gegen Berlin immer ganz gute Bundesligaspiele gemacht habe. 

»Habe das Gefühl, dass ich etwas Neues beginnen möchte«

Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit Ihrer Saison?

Lars Kaufmann: Na gut, da brauchen wir nicht groß drumherum reden. Ich kann natürlich nicht so zufrieden sein, denn die Spielanteile sind nochmal weniger geworden. Natürlich ist die Konkurrenz auf meiner Position groß, aber ich habe schon mit mehr Spielanteilen gerechnet. Aber so ist es nun mal. Ich habe mich immer professionell verhalten und habe mir nichts vorzuwerfen.

Wie geht es denn nach dieser Saison für Sie persönlich weiter? 
Lars Kaufmann: Ich werde höchstwahrscheinlich die Handballschuhe an den Nagel hängen und mir mal ein halbes oder dreiviertel Jahr Zeit nehmen für mein Studium, denn ich muss noch meine Diplomarbeit schreiben. Und dann schaue ich einfach mal.

Möchten Sie denn nach der Karriere dem Sport und dem Handball verbunden bleiben?
Lars Kaufmann: Ja, auf der einen Seite schon. Aber auf der anderen Seite ist es auch grad so, dass ich - weil ich so lange auf hohem Niveau gespielt habe und sich alles um Handball gedreht hat - auch Lust habe, mal etwas anderes zu machen. Aber was es genau wird, weiß ich noch nicht. Ich bin für alles offen und natürlich auch bereit im Sport eine Funktion zu übernehmen. Aber grad habe ich eher im Gefühl, dass ich etwas Neues beginnen möchte. Denn es beginnt auch ein neuer Lebensabschnitt. 

Und wohntechnisch. Kommen Sie nach dieser Saison mit der Familie wieder zurück in den hohen Norden Deutschlands?
Lars Kaufmann: Ja, wir werden zurück nach Glücksburg ziehen. Unsere Tochter soll dann auch dort zur Schule gehen und meine Frau kann in Flensburg wieder in ihrer Praxis arbeiten. Da-rauf freuen wir uns.

Marc Reese