VIDEO - Schnell aufs Feld

Speedcourt

07. Dezember 2017, 08:00 Uhr

Jim Gottfridsson arbeitet auf dem Speedcourt an seinem Comeback. (Foto: Lars Salomonsen)

Die SG Flensburg-Handewitt setzt neuerdings auf den Speedcourt. Aktuell arbeitet vor allem Jim Gottfridsson darauf an seinem Comeback. Vor dem Derby gegen den THW Kiel haben wir ihn bei einer Sonderschicht besucht.
 

Flensburg. Auf dem Bildschirm leuchtet ein grünes Kästchen mit der Nummer sechs auf. Jim Gottfridsson sprintet los, erreicht das entsprechende kleine rote Feld auf dem blauen rechteckigen Trainingsfeld, auf dem er sich befindet. Er berührt es und in Sekundenbruchteilen leuchtet ein anderes Feld auf. Diesmal blau und mit der Nummer sieben. Blitzschnelle Reaktion des Handballers von der SG Flensburg-Handewitt und Sprint zu diesem Kasten. Hier tippt er zwei Mal mit dem Fuß auf das rote Viereck und weiter gehts. Gelber Kasten links oben, er muss nun das gegenüberliegende Feld erreichen. Weißer Kasten, wieder grün usw. Gottfridsson stöhnt, es ist anstrengend. Neben ihm steht Teamkollege Marius Steinhauser und feuert ihn an.
Gottfridssons Blick ist trotz Drehungen, Wendungen und Seitwärtsbewegungen stets auf den Monitor fokussiert, der ihm den nächsten Befehl gibt. Als er den Parcours gemeistert hat leuchtet seine Zeit bzw. ein Punktestand auf. »Juhuuuuu«, ein langer und lauter Schrei aus dem Munde des Schweden, dessen Name ganz vorne in einer Rangliste mit Bestzeiten auftaucht. »Yes, jetzt kann ich wieder spielen«, so Gottfridsson mit einem breiten Lächeln im Gesicht.

Return to play

Er trainiert aktuell für seine Rückkehr aufs Handballfeld. Nachdem er sich Anfang September im Topspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen einen Riss des vorderen Syndesmose-Bandes im rechten Unterschenkel zugezogen hatte (der Däne Mads Mensah Larsen war in einem Zweikampf unglücklich auf ihm gelandet), arbeitet er seither in der Reha. Und seit drei bis vier Wochen gehört das Training auf dem sogenannten Speedcourt dazu.
»Ich trainiere hier Laufbewegungen und meine Reaktionsschnelligkeit«, so Gotffridsson als er wieder bei Atem ist. »Ich werde auf ein Handballspiel vorbereitet.«
Der Speedcourt liegt im Trainingsraum der Flensburg Akademie und dort ist auch SG-Athletiktrainer Michael Döring anwesend. Er überwacht die Sonderschichten von Gottfridsson und erklärt: »Wir arbeiten am sogenannten »Return to play«. Wir wollen den Spieler also optimal auf die Rückkehr aufs Feld vorbereiten, um Folgeverletzungen zu vermeiden.«
Idealerweise stehen Döring Daten der Spieler von verschiedenen Lauf- oder auch Sprungtests von vor einer Verletzung zur Verfügung. Diese werden dann als Maßstab genommen. Erst wenn ein Akteur wieder seine alten Werte erreicht, bekommt er von Döring grünes Licht, um wieder spielen zu können. Bei Gottfridsson gibt es diese Werte nicht, da der Speedcourt im September noch nicht installiert war. Es ist eine nagelneue Errungenschaft im Hause der SG Flensburg-Handewitt.

Uni-Kooperation

Dank einer Kooperation mit der Universität Flensburg (wir berichteten) ist die SG seit Kurzem in der glücklichen Lage, diese zu nutzen.
»Im Fußall arbeiten Vereine wie Bayern München oder Real Madrid damit. Im Handball gab es bislang einige wenige Versuche, so etwas zu installieren. Meist in Verbindung mit Universitäten, aber wir sind jetzt die Ersten die den Speedcourt nutzen«, so Döring. »Darüber freuen wir uns natürlich sehr, denn wir haben lange nach einem Instrument gesucht, das unseren Ansprüchen entspricht.«
Der Trainer weiter: »Der Speedcourt gibt uns eine Vielzahl an Möglichkeiten im Profi- und Nachwuchsbereich. Wir können damit vom Schnelligkeits- bis Spielersatztraining viel machen. Es lässt sich auch Ausdauer sowie vor allem die Reaktion trainieren.«
Besonders das Spielersatztraining ist ein wichtiger Punkt und kommt den Akteuren zu Gute, die nicht so viele Spielanteile bekommen. »Denen fehlt eine Spitzenbelastung und die bekommen sie dann hier«, so Döring. Dies war einer der Wünsche von Chefcoach Maik Machulla, der in seiner Trainingsarbeit Details wie eben den Speedcourt angeregt bzw. mit eingeführt hat.
»Es ist super. Gerade für jemanden wie mich der in der Reha ist. Aber auch für Teamkollegen die mal ein Spiel lang auf der Bank saßen. Vor allem macht es Spaß, weil es motivierend ist. Du siehst sofort die Zeiten der Teamkollegen und willst besser sein«, so Gottfridsson.
Zudem ist es anspruchsvoll und fordert die Handballer auch mental, ein wichtiger Aspekt für Döring.
»Laufen kann Jim schon wieder, aber Handball ist sehr komplex und es gilt ihn darauf vorzubereiten, damit er im Spiel wieder schnelle Entscheidungen treffen kann ohne eine Fehlbelastung zu haben.«


Schnellere Spieler

Der Sportwissenschaftler weiter: »Grundsätzlich hoffen wir mit dem Training mehr Spiele zu gewinnen, indem wir die Spieler schneller machen, weil sie schneller Entscheidungen treffen.«
Außerdem kann er sich vorstellen gewisse Tests in Zukunft anzuwendne, wenn neue Spieler verpflichtet werden sollen oder wenn es gilt, Potenziale von Talenten in Hinblick auf den Herrenbereich abzuklopfen.
Bei Jim Gottfridsson werden die Werte aktuell mit denen von gesunden Spielern wie Thomas Mogensen oder Rasmus Lauge verglichen. Ob es bereits für einen Einsatz am Sonntag (15 Uhr/live Sky) im Landesderby gegen den THW Kiel reicht, dazu lässt sich der SG-Trainerstab nicht final in die Karten gucken (siehe auch nebenstehender Bericht).
Gottfridsson selber meinte vielsagend: »Vielleicht ist es noch zu früh«. Danach ging er wieder auf den Speedcourt und stellte sich dem nächsten Test - er will schließlich möglichst schnell zurück auf das richtige Spielfeld.


Ruwen Möller

Fotogalerie