Mit Technik und Kraft zur Spitze

Sportartencheck

Thomas Bleicher
23. Februar 2017, 12:27 Uhr

Jens Koll hält seine Tochter Josephine Boecker während Anna Kerndlmaier fürs Klettern Jaane Dobroszczyk vorbereitet. (Foto: Lars Salomonsen)

Die Kletterer des TSB Flensburg haben eine wachsende und anerkannte Abteilung im Verein. Nach oben soll es keine Limits geben.

Flensburg. Seit 2014 gibt es die Kletterer beim TSB Flensburg. »Am Anfang hat der Vorstand schon gefragt: ‘Was ist denn bitte Klettern für eine Sportart?` Aber inzwischen sind wir nicht mehr wegzudenken«, erzählt Jens Koll, der die Abteilung gemeinsam mit vielen fleißigen Helfern aufgebaut hat. Er blickt zurück in die Vergangenheit: »Eigentlich sollte die heutige SBV-Halle von der Stadt abgerissen werden, wurde dann aber vom SBV und dem TSB Flensburg übernommen und renoviert. Diese Chance haben mein Bruder Dirk, der damalige Jugendwart Walter Melnyk und ich genutzt. Wir haben gemeinsam mit vielen Helfern ehrenamtlich eine Kletterwand installiert. Und so ist das Klettern nach Flensburg gekommen.« 

Hohe Nachfrage

Am Anfang hatte die Abteilung 25 Mitglieder, inzwischen sind es 140 und die Warteliste ist lang. »Wir trainieren dienstags, donnerstags und freitags mit Groß und Klein und würden sehr gern mehr Training anbieten. Da wir uns aber die Halle mit anderen Sparten teilen, ist dies zur Zeit noch nicht möglich«, sagt der 46-jährige, der für seine Passion ganz groß denkt: »Es gibt ja die Silos am Ost­ufer. Die wären perfekt für uns. Denn an den Mauern könnten wir außen und innen bis zu 30 Meter hoch klettern. Das wäre optimal.« Dass der Gedanke gar nicht so abwegig ist, unterstreicht Koll auch: »Es gab schon Gespräche mit der Stadt. Die haben das jetzt bei sich auf dem Tisch, sich aber noch nicht entschieden, was mit dem Gebiet um die Silos passieren soll.«
Im Moment trainieren die Kletterer ausschließlich in der sechs Meter hohen SBV-Halle und machen Ausflüge in die Hamburger Kletterhallen. Sie freuen sich aber schon auf den Frühling, wenn sie die Reise ins Ith-Mittelgebirge (Niedersachsen) antreten werden, um sich in der Natur zu fordern.
Überhaupt ist das Klettern eine Herausforderung für jedes Alter, ohne dass man sich mit einem anderen messen muss. »Bei uns steht nicht der Wettkampf im Blickpunkt. Man spornt sich eher selber an, eine Herausforderung zu lösen«, erklärt der Sportlehrer und erklärt, warum er seinen Sport so liebt: »Man arbeitet mit dem ganzen Körper, muss eine Aufgabe lösen und im Team arbeiten. Gerade bei den Kindern sehe ich, wie deren Selbstvertrauen steigt. Sie können die Wand raufklettern und runterschauen. Jeder legt sich seine Messlatte selbst und stellt sich seiner Leistungsgrenze. Vor allem aber werden Kameradschaft und Vertrauen untereinander und in sich selbst gestärkt.«

Kein Siegerbetrieb

Er führt weiter aus: »Wir haben hier keinen Siegerbetrieb, soll heißen, man hat beim Klettern nicht den Druck des Gewinnen-Müssens wie bei einem Fußballspiel, wo vielleicht nicht jeder zum Einsatz kommt. Ich liebe es, so lange zu trainieren, bis ich die Aufgabe des Schraubers (Redaktion: ein Trainer, der farbig die Route an der Kletterwand legt) gelöst habe.«
Durch einen Kletterkurs an der Uni ist er das erste Mal mit der Sportart in Berührung gekommen und kann es seit dem nicht mehr lassen. »Mein Dozent hatte mich damals mit in die Berge genommen. Seitdem ich vom Klettern mehr als fasziniert. Auch meine drei Töchter klettern inzwischen. Bei ihnen kann ich zum Beispiel sehen, dass Mädchen beweglicher sind und Misserfolge besser wegstecken können«, schmunzelt Koll.
Dass es das Klettern noch lange beim TSB geben wird, dafür wollen der Trainer und seine beiden Kollegen sorgen. »Wenn das mit einer größeren Halle klappt, dann bin ich mehr als zuversichtlich. Die Abteilung ist am Wachsen. Unsere jüngstes Mitglied ist vier Jahre alt und nach oben gibt es keine Grenzen. Bei uns klettern Handwerker, Studenten, Schüler und Ärzte. Wer mit seiner Schule einen Erlebnistag buchen will, kann das bei uns. Auch Kindergeburtstage können bei uns gefeiert werden. In den Ferien hatten wir Angebote für Flüchtlingskinder. An Ideen und Lust fehlt es uns nicht.«

Perfekter Urlaub

Persönlich freut sich der 46jährige auf das Klettern in der Natur und sagt: »Bei uns im Norden gibt es ja leider nicht so viele Möglichkeiten. Aber wenn wir dann mal in den Urlaub reisen, soll es am Liebsten dorthin gehen, wo ich mit dem Gesicht zum Fels hänge und im Rücken das Meer spüre. Dann bin ich glücklich.«
Grit Jurack
grit@fla.de