Aus der Provinz auf die große Bühne

Jannek Klein (18). (Foto: Tim Riediger)

Flensburg. »Das ist unglaublich. Vor drei Jahren habe ich noch zu Hause in Schülp gewohnt und jetzt durfte ich schon sechs Mal in der Champions League mitspielen. Das ist der Wahnsinn«, sagt Jannek Klein, der normalerweise für die A-Jugend der SG Flensburg-Handewitt Tore wirft. 

 Als sich SG-Profihandballer Johan Jakobsson eine Kopfverletzung zuzog und wochenlang ausfiel, spielte Linkshänder Holger Glandorf in der Champions League allein auf der halbrechten Position. Da der nachverpflichtete Mark Bult erst ab dem Viertelfinale der Champions League für die SG spielen darf, bekam der erst 17-jährige Flensburger Jannek Klein die Chance, in der Königsklasse aufzutreten.

»Gleich Mama angerufen«

»Zwei Tage vor dem Spiel gegen Wisla Plock hat mich Maik Machulla angerufen und gesagt, dass sie mich gerne mit nach Polen nehmen wollen. Da saß ich gerade in der Schule. Ich hatte noch ein Stunde, konnte mich aber eigentlich gar nicht mehr konzentrieren. Nach der Stunde habe ich gleich meine Mama angerufen, sie sollte es als Erste erfahren«, erinnert sich der Zwölftklässler zurück. 

Auch mit David Bleckmann, Zimmergenosse in der Flensburg Akademie und Mitspieler der A-Jugend, hat er kommuniziert, wie er schmunzelnd erzählt: »Noch eine Woche vorher hatte David rumgeflachst und gemeint, dass ich jetzt mitspielen kann, weil Johan verletzt ist. Als ich ihm dann eine SMS geschrieben hatte, dass ich bei den Profis mitspielen darf, dachte er, ich veralbere ihn.« 

»Ich habe mich gleich wohlgefühlt«

Inmitten der Weltklasse-Handballer. Jannek Klein (Mitte, hinter SG-Coach Ljubomir Vranjes) erlebte aufregende Wochen. (Foto: Tim Riediger)

Die Spieler der Ersten kannte er eigentlich nur vom Sehen, hatte aber keinerlei Probleme sich zu integrieren. »Ich wurde gleich gut aufgenommen und hatte das Gefühl, dazuzugehören. Alle waren geduldig mit mir und haben mir das Wichtigste in Angriff und Abwehr erklärt. Ich habe mich gleich wohlgefühlt«, erinnert sich der Linkshänder, der als Jüngster manchmal länger blieb, an die ersten Trainingseinheiten. »Ich habe gleich die Aufgabe bekommen, den Physiokoffer zu tragen. Nach dem Training habe ich geholfen, die Halle aufzuräumen. Das gehört aber auch dazu, finde ich«, sagt er.
Auch dazu gehören die Reisen und Vorbereitungen auf die Spiele, was aber für Klein nicht unbekannt ist: »Ich kenne das ja schon von der Jugendnationalmannschaft. Da ist der Ablauf und die Routine ähnlich«. 

Alles andere als Routine

Seine ersten Minuten auf dem Spielfeld waren alles andere als Routine und vergessen wird er dieses Gefühl wohl nie wieder. »Schon nach 15 Minuten meinte Ljubomir Vranjes zu mir, ich sollte mich bereit machen. Da dachte ich nur: Was? Jetzt schon? Da war ich schon sehr nervös«, erinnert sich der Linkshänder zurück. Seine erste Aktion war auch gleich ein Ballverlust, schon in seiner zweiten aber warf er ein Tor. »Das war der Wahnsinn. Ich bin nur rausgesprintet und habe am ganzen Körper gezittert. Die anderen haben auch gleich mit mir abgeklatscht. Ich glaube, das werde ich nie wieder vergessen«, freut sich Klein noch einmal über den gelungenen Einstand.

»Möchte Profi werden«

Und die Kurzeinsätze in der Champions League sollen nicht die letzten bei den Profis sein. Jannek Klein hat Blut geleckt und klare Ziele: »Ich möchte Profi werden. Die nächste Saison würde ich gerne hier in Flensburg dritte Liga und A-Jugend spielen, um mich physisch und technisch weiterzuentwickeln. Vielleicht darf ich ja wieder mit der Bundesliga trainieren. Wenn Maik oder Ljubo fragen, sage ich natürlich immer ja. Was dann in den nächsten Jahren passiert, kann ich dann zur jeweiligen Zeit mit Sascha Zollinger, Maik Machulla und meinen Eltern besprechen. Aber ich bin ja noch jung. Wer weiß, was in der nächsten Zeit noch passieren wird.«

Grit Jurack