Eindrucksvolle Auferstehung der SG

Handball

11. Mai 2018, 18:40 Uhr

Ausgelassene Freude bei der SG nach dem Derbysieg. Fotos. Sven Geißler

Kiel. »So ist Sport«, sagte Maik Machulla in der Interview-Zone der Sparkassen-Arena nach dem 29:25 (15:10)-Sieg seiner SG Flensburg-Handewitt beim THW Kiel. Der Trainer der Gäste musste dabei selber lachen, wusste er nur zu gut, dass er sich im Bereich des Phrasendreschens befand. Ein paar Meter neben ihm stand Mattias Andersson, und der Keeper der SG sagte während des Interviews auch irgendwann: »So ist Sport.« 

Genau so wenig wie die Flensburger vor knapp zwei Wochen erklären konnten, wie sie mit 17:29 in Montpellier deklassiert wurden und aus der Champions League ausschieden, konnten sie jetzt fassen, wie im 97. Landesderby in Kiel diese Eindrucksvolle Auferstehung gelang. »Man kann das nicht erklären«, so Machulla und weiter: »Wir haben viel gesprochen und nachgedacht, aber am Ende sind wir nicht zu der einen Erkenntnis gekommen. Wir haben vor Montpellier gut gespielt, dann ging in einem Spiel nichts und anschließend gewinnen wir mit vier Toren i Kiel, was nur wenigen Mannschaften überhaupt gelingt.« 

Der SG-Chefcoach, für den es im vierten Pflicht-Derby der erste Erfolg war, fand doch noch einige Gründe für den Sieg: »Unsere Abwehr war überragend und brutal gut. Mattias Andersson hat gut gehalten und vorne haben wir sehr schlau, ruhig und abgeklärt agiert. Wir haben uns Situationen erarbeitet und unsere Chancen genutzt. Auch in Phasen als es kriselte, Anfang der zweiten Halbzeit, sind wir cool geblieben und haben unseren Stiefel runtergespielt. Wir hatten Vertrauen in das Konzept und wurden belohnt. In Montpellier hat jeder für sich versucht das Ding zu retten, heute haben wir es als Mannschaft getan.« Machulla war dementsprechend »stolz« auf seine Jungs, die in seinen Augen einen »richtigen Flow« erwischt hatten und im Gegensatz zu den beiden Heim-Pleiten gegen den THW vor Weihnachten diesmal nicht den Fehler machten, ins offene Messer zu laufen. »Wir haben die richtige Balance gefunden und nicht den Fehler gemacht zu überdrehen, wodurch man viele technische Fehler produziert.« Von Anfang an lagen die Gäste vorne, und immer wenn Kiel drauf und dran war, ernsthaft zu verkürzen, gab es eine passende Antwort. Da störten auch nicht die Verletzung von Jacob Heinl, die zwischenzeitliche Behandlung von Lasse Svan an der Hand oder eine Zeitstrafe gegen Kapitän Tobias Karlsson (Wechselfehler). Die SG war an diesem Tag insgesamt besser und hat »verdient gewonnen«, so THW-Coach Alfred Gislason und auch der Viktor Szilágyi, sportlicher Leiter der »Zebras«. 

Der hatte wenig Freude an diesem Abend, konnte aber einem alten Weggefährten eine Freude machen. Vor dem Spiel überreichte der ehemalige SGer Mattias Andersson ein Präsent. Für den Schweden, der von 2001 bis 2008 beim THW aktiv war, war es das letzte Nordderby. Er beendet seine Karriere im Sommer. Andersson hatte sich für diesen Auftritt noch einmal eine Weltklasse-Leistung aufgehoben. Ebenso Rasmus Lauge und vor allem Thomas Mogensen. Der Aggressiv-Leader schien sein ganzes Herzblut für einen letzten Derbysieg aufgehoben zu haben. Sämtliche Emotionen eines intensiven Duells entluden sich in der Schlussminute, als er mit Domagoj Duvnjak aneinander geriet. Der THW-Kapitän sah die Rote Karte, Mogensen bekam eine Zeitstrafe. Nach hitzigen Diskussionen und Rangeleien gab es Entschuldigungen und Shakehands. »Alles gut, ich habe mit Thomas gesprochen«, sagte Duvnjak und Mogensen meinte: »In einem Derby gehen die Emotionen manchmal höher.« Kein Wunder, stand doch viel auf dem Spiel. Für die SG die Minimalchance auf die Meisterschaft und die erneute Champions League-Qualifikation, für den THW die EHF-Cup-Teilnahme. Da die Rhein-Neckar Löwen sich keine Blöße gaben und den SC Magdeburg mit 34:29 bezwangen, wird es mit dem Titel nichts für die SG, aber Rang zwei wurde gefestigt. »Wir sind immer noch Zweiter und haben jetzt noch drei Spiele. Die wollen wir alle gewinnen, dann bleiben wir auch Zweiter«, so Machulla, der mit der SG erst wieder am 20. Mai (12.30 Uhr/live Sky) gegen GWD Minden ran muss. Danach folgen die Partien in Lübbecke und zum Abschluss daheim gegen Göppingen. Die erneute Vizemeisterschaft ist also in Reichweite. Für den Tabellenfünften Kiel wird es im Kampf um die Europacup-Teilnahme dagegen immer enger. Der THW muss drei Punkte aufholen. »So ist Sport«, sagte am Ende Domagoj Duvnjak.

Ruwen Möller