EM 2020

Abreibung gegen den Titelverteidiger

EM 2020

Thomas Bleicher
11. Januar 2020, 20:13 Uhr

Der Kieler Patrick Wiencek (r.) hatte mit Deutschland einen schweren Stand gegen Spanien um Julen Aguinagalde. Foto: Robert Michael/dpa

Trondheim. Das war nichts. Nach dem Sieg im ersten EM-Spiel, bei dem die Leistung der Deutschen teilweise bereits für Fragezeichen sorgte, passten diesmal weder das Ergebnis noch die Taten. Gegen den amtierenden Europameister Spanien verlor Deutschland klar und deutlich mit 26:33 (11:14).

»Wir hatten in der ersten Halbzeit viel zu viele Fehlwürfe und haben keine guten Lösungen gegen deren Abwehr gefunden. Vor allem gegen die offensive Variante nicht. Wir wussten wie wir es spielen wollten, aber dafür hätten wir die Zweikämpfe gewinnen müssen und das haben wir nicht. Zum Ende der ersten Halbzeit haben wir selber noch eine gute Abwehr gestellt, aber in der zweiten Halbzeit auch nicht mehr. Eigentlich ist nichts gut gelaufen«, sagte Johannes Golla, der die Wasserflaschen des Teams in Richtung Kabine schleppte. Der Kreisläufer der SG Flensburg-Handewitt ist weiterhin der Reservespieler im DHB-Team und musste die Niederlage im schwarzen Polo und mit schwarzer Trainingshose von der Tribüne aus beobachten. Ihm blutetet gleich doppelt das Herz. »Es macht natürlich keinen Spaß, weil ich gerne helfen würde und gerne meinen Teil betragen möchte. Aber das ist jetzt meine Rolle und ich versuche mit guter Laune der Mannschaft Energie zu geben und die Jungs zu unterstützen.«

In der Startformation hatte Bundestrainer Christian Prokop im Vergleich zum Auftaktsieg gegen die Niederlande eine Änderung vorgenommen: Fabian Böhm spielte statt Julius Kühn. Der Hannoveraner war genau wie seine Nebenleute aber gegen die offensive Deckung der Iberer völlig überfordert. Bereits nach acht Minuten lag Deutschland nach etlichen Ballverlusten und fehlerbehafteten Aktionen mit 1:4 hinten (8.). Prokop nahm eine Auszeit, korrigierte seine Aufstellung und schickte Philipp Weber für Böhm ins Rennen.

Doch es wurde noch schlimmer und stand in der 12. Spielminute 2:8 aus Sicht des DHB-Teams. Jetzt sollte der Torwartwechsel für einen positiven Effekt sorgen. Johannes Bitter kam für Andreas Wolff.
Dazu wurde in der Abwehr umgestellt, Deutschland deckte nun auch eine offensivere 3-2-1-Variante und arbeitetet sich langsam rein in die Partie.
Vor allem wurde die Körpersprache wieder besser, die teilweise hängenden Köpfe gingen langsam wieder hoch. Titelverteidiger Spanien spielte nun genauso ideenlos wie Deutschland zu Beginn. Als die Südeuropäer in der Deckung defensiver wurden, kam Kühn erstmals ins Spiel und verkürzte auf 9:10 (21.). Zu mehr reichte es vor der Pause allerdings nicht. Ganz im Gegenteil, Spanien setzte sich wieder etwas ab, auch weil Uwe Gensheimer wie schon gegen die Niederlande zwei Siebenmeter vergab. Zur Pause hieß es somit 14:11 für Spanien.

Zum zweiten Durchgang kehrte Wolff zurück ins Tor und auf den Außenpositionen übernahmen jetzt Timo Kastening sowie Patrick Zieker für Tobias Reichmann und Gensheimer. Für die Siebenmeter durfte Reichmann jetzt ran und Deutschland kam wieder etwas dichter. 16:18 hieß es in der 39. Minute aus Sicht des Titelträgers von 2016, als Spanien im Endspiel mit 24:17 deklassiert wurde. Davon war diesmal aber ebenso wenig zu sehen wie 2018, als Deutschland im letzten Hauptrunden-Spiel mit 27:31 gegen Spanien unterlag und so das Halbfinale verpasste.

Auch diesmal waren die Iberer deutlich abgezockter als die Deutschen, bei denen nahezu in jedem Angriff die Aufstellung neu gemischt wurde. Eine eingespielte Stammformation jedenfalls scheint es nicht zu geben. Im Tor wurde ebenfalls schnell wieder gewechselt. Mit nur einer Parade auf dem Konto musste ein sichtlich gefrusteter Wolff (41.) bei einem Rückstand von 17:21 wieder runter. Bitter, Weltmeister von 2007, konnte der Partie allerdings keine Wende mehr geben. Auch im Torwartduell war das DHB-Duo dem Spanier Perez de Vargas deutlich unterlegen. Mitte der zweiten Hälfte war nach dem 26:18 für Spanien längst die Entscheidung gefallen. Am Ende stand eine deftige Niederlage, bei der Deutschland auf dem Platz und an der Seitenlinie extrem unsortiert wirkte. Diese muss nun schnell verarbeitet werden, da bereits am Montag (18.15 Uhr/live ZDF) das letzte Gruppenspiel gegen Lettland ansteht. 

Ruwen Möller