Handball

Gut erholt auf neuer Titeljagd

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Thomas Bleicher
16. Juli 2019, 10:15 Uhr

Holger Glandorf, Simon Hald und SImon Jeppsson (von links) sind mit der SG in die Saisonvorbereitung gestartet. Foto: Tim Riediger

Der Deutsche Meister, die SG Flensburg-Handewitt, hat die Vorbereitung auf die Saison 2019/2020 aufgenommen. Mit vollen Akkus wollen die Norddeutschen wieder um Pokale und Triumphe mitspielen.
 
Flensburg. Sportlich hat Maik Machulla in der vergangenen Saison so gut wie keine Fehler gemacht. Der erneute Gewinn der deutschen Meisterschaft ist der klare Beweis. Doch danach ging es los. In Sachen Urlaub lag der Meistercoach zunächst komplett daneben.

»Bei uns läuft die Urlaubsplanung wie wahrscheinlich in jeder anderen Familie auch«, so Machulla, am Montag beim Trainingsauftakt der SG Flensburg-Handewitt. »Meine Frau hat gefragt, wann wir los können und ich habe gesagt: so früh wie möglich. Wir hatten also am Sonntag (9. Juni/Red.) das letzte Spiel, Montag die Meisterfeier und Dienstag um 16 Uhr lag ich in Griechenland am Strand auf der Liege«. So weit, so gut, doch für Machulla war das von »hundert auf null«. Er gestand: »Es war viel zu schnell und zu früh. Ich habe dann ständig mit Tobias Karlsson telefoniert. Der hat mir gesagt, dass er feiern will, aber keiner mehr da ist. Ich wollte auch feiern, aber es war auch niemand da. Ich habe dann immer meiner Frau zugeprostet.«

Das Erlebte arbeitete in Machulla weiter. Er wurde ständig nachts wach und von »Adrenalin, Emotionen und Glücksgefühlen« übermannt. Die Sonne Griechenlands konnte er zwar genießen, aber erholt war er nach seiner Rückkehr nicht. Jetzt standen Familienbesuche an und dann fasste er den Entschluss, nochmal loszufliegen. Wieder ging es nach Griechenland, diesmal auf eine Insel und da war er wieder - der fehlerlose Machulla. »Wir sind nochmal zehn Tage weg gewesen und diesmal habe ich mich richtig erholt. Ich habe das Handy in den Hotelsafe geschlossen und konnte abschalten.«
Nach und nach verarbeitete er die zweite Meisterschaft innerhalb von zwei Jahren und irgendwann ging der Blick sogar wieder nach vorne. »Die Vorfeude kam und ich habe neue Ideen entwickelt. Und jetzt freue ich mich, dass es wieder losgeht, die Energie ist wieder da«, so ein braungebrannter Chefcoach.
In den kommenden vier Wochen gilt es für Machulla nun, sein Team wieder fit für eine neue, kräftezehrende und herausfordernde Saison zu bekommen. Dabei will er nach den Abgängen der beiden Starspieler Tobias Karlsson und Rasmus Lauge vor allem Wert auf die Entwicklung der Abwehrarbeit legen. Hier hat er verschiedene Varianten im Kopf. »Ich bin Fan der 5-1-Abwehr, die hat uns zur Meisterschaft verholfen«, so Machulla, der aber auch sagt: »Wenn wir uns ersmal mit einer 6-0-Defensive wohl fühlen, machen wir das.« Personell kann er sich viel vorstellen, sieht Magnus Rød im Innenblock, einen Kreisläufer in der Spitze der 5:1, aber auch Simon Jepsson, der am Montag 24 Jahre alt wurde, traut er diese Position zu. »Simon will ich voranbringen«, so Machulla über den Spieler, der in der abgelaufenen Serie als einziger etwas Sorgen bereitete, weil er nicht sein ganzes Talent zeigte.
Bei Rød ist Machulla froh, dass der Norweger seine Nasen-Operation gut überstanden hat, und jetzt »viel besser Luft bekommt«.
Zudem freut es den Übungsleiter, dass er im Vergleich zum Vorjahr, als es sechs Zu- und Abgänge gab, mit Michał Jurecki nur einen externen Neuen einbauen muss.
Der Pole sagte am Montag: »Mein Traum war es immer, in der Bundesliga zu spielen und um die Meisterschaft zu kämpfen. In Flensburg habe ich nun die Möglichkeit dazu. Außerdem spielen wir in der Champions League. Ich war schon einige Male beim Final4 und auch das ist wieder ein Ziel für mich.«
Sein neuer Coach, Maik Machulla, sagte, auf die »Königsklasse«, in der die SG in Gruppe A spielt, angesprochen: »Unsere Champions-League-Gruppe ist mit Barcelona und Paris natürlich der Hammer. Aber es sind auch die Spiele, die man haben will und die uns als Mannschaft entwickeln. Zudem freue ich mich, als Trainer erstmals gegen Barcelona antreten zu dürfen. Im Vergleich zu der anderen Gruppe haben wir die angenehmeren Reisen und wollten zunächst mal das Achtelfinale erreichen.«

Hohe Ambitionen

In Sachen DHB-Pokal wird Machulla noch konkreter: »Dass wir zweimal in Folge zu Hause im Achtelfinale ausgeschieden sind und nicht beim Final 4 waren, nervt. Als Deutscher Meister wollen wir in Hamburg dabei sein, es ist schließlich das größte Handballevent in Deutschland.«
Ansonsten und vor allem auf die Liga bezogen gilt für Machulla jene Devise, mit der er seit zwei Jahren gut gefahren ist: »Wir wollen jedes Spiel gewinnen und um Titel mitspielen.«
Die erste konkrete Chance gibt es am 21. August, wenn es in Düsseldorf gegen den THW Kiel um den Supercup geht. Die Kieler sieht Machulla als Topfavorit auf die Meisterschaft, aber auch Melsungen, Magdeburg und Berlin schätzt er stark ein.
Doch zunächst geht sein Blick nur auf das eigene Team. Für das gilt grundsätzlich: »Wir haben keine Probleme. Es gibt eine Mentalität der Verantwortung gegenüber der ganzen Mannschaft. Zudem haben die Jungs jede Menge Selbstvertrauen«, so Machulla, der sich auf die neuen Herausforderungen freut.
Wer neuer Kapitän wird, will er auch während des am Mittwoch beginnenden Trainingslagers entscheiden. Mit Holger Glandorf, Lasse Svan und Jim Gottfridsson hat er drei Kandidaten im Kopf. »Ich werde aber auch mit den Spielern und der Mannschaft darüber sprechen, schließlich ist das Kapitänsamt mehr als nur die Seitenwahl zu gewinnen. Ich habe gewisse Erwartungen an einen Kapitän«, so Machulla.
Traditionell geht es nach Schweden, wo nach dem Beachfestival von Ahus Testspiele gegen IFK Kristianstad um den ehemaligen SG-Trainer Ljubomir Vranjes und gegen Lugi Lund anstehen.
Zurück in Deutschland wird die SG am 31. Juli auf Sylt beim TSV Westerland testen. Danach folgen Testspiele gegen Aalborg Håndbold (3. August), TTH Holstebro (4. August) und Skjern Håndbold (7. August), bevor am 10. August in der Flens-Arena im Rahmen des Jacob Cement Cups das Abschiedsspiel für Tobias Karlsson ausgetragen wird.
Der Schwede wird beim Trainingslager auch als Gast vorbeischauen. Apropos Gäste, als solche fahren mit Jörn Persson und Marek Nissen auch wieder zwei Talente aus dem eigenen Nachwuchs mit. Niels Versteijnen gehört ohnehin ab sofort fest zum Profikader.
Am Montag waren alle Spieler vor Ort und genau wie ihr Trainer bester Laune, sowie gut erholt. Während die einen im Süden Sonne getankt haben (z.B. Gøran Johannessen und Lasse Svan), haben andere ihre kirchliche Trauung nachgeholt (Marius Steinhauser) oder es sich in der Heimat auf einem Musikfestival gut gehen lassen (Simon Jeppsson).

Knackiger Start

Nach den mittlerweile obligatorischen Sprung- und Sprinttests, die wie im Vorjahr unter der Anleitung eines Teams von Sportwissenschaftlern von der Universität Paderborn durchgeführt wurden, stand eine Kaffee- und Mittagspause an. Danach ging es zum Laktattest auf die Außenanlage der Marineschule in Mürwik.
Am Dienstag folgt ein Medientag mit diversen Aktivitäten und danach soll laut Machulla schnell der Handball im Mittelpunkt stehen. Bereits am 17. August steht im DHB-Pokal das erste Spiel gegen die Mecklenburger Stiere Schwerin an. »Wenn wir zum Final 4 wollen, müssen wir in dem Spiel ernsthaft an unserem Vorhaben arbeiten«, so Machulla, dessen Team am 25. August auswärts in Melsungen in die Bundesliga startet. Vier Tage später geht es gegen die Rhein-Neckar Löwen. Dann sind Fehler nicht mehr erlaubt, wenn die Flensburger nächsten Sommer wieder als Meister in den Urlaub wollen.

Ruwen Möller

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