Kieler »Störche« mit Rückenwind in Relegation

Fußball/Bundesliga-Relegation

Thomas Bleicher
14. Mai 2018, 23:00 Uhr

Der Kieler Rafael Czichos (re.) feiert mit Stephen Lewerenz sein Tor zum 4:2 bei der 6:2-Gala gegen Braunschweig. Foto: Frank Molter/dpa

Kiel. Der Bundesliga-Traum lebt: Holstein Kiel ist bereit für den Durchmarsch von der 3. in die 1. Fußball-Liga. Nach der 6:2-Toregala gegen Eintracht Braunschweig ziehen die Störche mit mächtig Rückenwind in die Relegationsduelle mit dem VfL Wolfsburg am Donnerstag und Pfingstmontag ein.

»Wir gehen mit Spaß, Mut und Überzeugung in die Spiele. Das wird ein absolutes Highlight. Jeder sollte das genießen. Wer weiß, wann es so eine Situation noch einmal geben wird«, betont Erfolgstrainer Markus Anfang. Der zum 1. FC Köln wechselnde Coach will sich mit dem erstmaligen Bundesliga-Aufstieg der Kieler Vereinsgeschichte einen krönenden Abschluss verschaffen. Sollte der Coup gelingen, wäre Holstein nicht nur der erste Verein aus Schleswig-Holstein im Oberhaus, sondern nach dem HSV-Abstieg plötzlich auch die Nummer eins im Norden.
Die aktuelle Form stimmt positiv: Obwohl es für die Kieler am letzten Spieltag um nichts mehr ging und mehrere Leistungsträger geschont wurden, schossen sie die bemitleidenswerten Braunschweiger spektakulär in die 3. Liga. 

Beeindruckend

»Das war wirklich beeindruckend«, lobte Anfang seine Mannen. Gleichwohl ist den Verantwortlichen bewusst, dass Holstein gegen den Bundesliga-Drittletzten Außenseiter sein wird. »In Wolfsburg verdient ein einzelner Spieler so viel wie bei uns die ganze Mannschaft«, erklärt Sportchef Ralf Becker. »Aber das ändert nichts daran, dass wir aufsteigen möchten.« Die Kieler sind guter Dinge, beim VfL nahezu in Bestbesetzung antreten zu können. Innenverteidiger Dominik Schmidt dürfte nach einem auskurierten Muskelfaserriss zurückkehren. Auch bei Spielmacher Dominick Drexler besteht laut Becker trotz eines Kapselanrisses »gute Hoffnung, dass er spielen wird.« Eine Schlüsselrolle kommt Marvin Ducksch zu: Der Torschützenkönig der 2. Liga mit 18 Treffern pausierte gegen die Eintracht wegen einer drohenden Gelbsperre. Positiv ist auch, dass Relegationsspiele um den Bundesliga-Aufstieg nicht für alle Holstein-Spieler Neuland sind.

So war Mittelfeldakteur Dominic Peitz für den Karlsruher SC dabei, als dieser knapp gegen den HwSV den Aufstieg verpasste. Linksverteidiger Johannes van den Bergh spielte für Fortuna Düsseldorf, die 2012 Hertha BSC bezwang und aufstieg. Dies war bis dato das letzte Mal, dass sich der Zweitligist gegen den Erstligisten durchgesetzt hatte. »Die individuelle Klasse liegt immer bei dem Erstligisten«, sagt van den Bergh. »Aber ich habe erlebt, dass man einen Bundesligisten schlagen kann. Wolfsburg hat den Druck und muss den Abstieg verhindern. Wir hingegen können etwas Großes erreichen. Das könnte ein paar Prozentpunkte freisetzen«, hofft er.
Noch ist allerdings nicht klar, in welchem Stadion Holstein Kiel die Bundesliga-Spiele bestreiten würde. Die Deutschen Fußball Liga (DFL) hat das Holstein-Stadion - wie berichtet - als Austragungsstätte abgelehnt, weil die Arena noch nicht die vorgeschriebene Kapazität von 15.000 Plätzen hat. Holstein-Geschäftsführer Wolfgang Schwenke will Schritt für Schritt vorgehen: »Erst einmal müssen wir den Aufstieg schaffen, dann können wir uns mit der Stadion-Situation beschäftigen.«

Oliver Jensen, dpa 
sport@fla.de