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Kiwitt boxt um den »Global« Gürtel

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23. November 2019, 09:39 Uhr

Freddy Kiwitt (l.) steigt noch vor Weihnachten wieder in den Ring. Foto: Lars Salomonsen

Mit Luther Clay wartet in der Vorweihnachtszeit ein dicker Brocken.

Flensburg/London. Freddy Kiwitt erhöht die Schlagzahl. Auf dem Weg zu seinem großen Karriereziel - dem Weltmeistertitel - will der 29-jährige Weltergewichtsboxer offenbar keine Zeit verlieren. Am 19. Dezember steigt der in London lebende Flensburger schon wieder in den Ring, zum vierten Mal in diesem Jahr. Sein jüngster Sieg durch technischen Knockout im dänischen Vejle gegen den Georgier Nika Nakashidze wird dann nicht einmal sechs Wochen her sein.
Kiwitt eilt großen Aufgaben entgegen. In der Vorweihnachtszeit wartet mit Luther Clay ein dicker Brocken auf ihn. Der gebürtige Südafrikaner, der ebenfalls in England lebt, hat zwölf seiner 13 Profikämpfe gewonnen, fünf davon vorzeitig. Seinen einzigen Rückschlag, eine Punktniederlage gegen den Russen Vazir Tamoyan, kassierte er im August 2017. Seitdem hat »The Black Panther« sieben Erfolge gefeiert. Zuletzt bezwang er vor zwei Monaten in Florenz den bis dahin ungeschlagenen Italiener Dario Morello.

Kiwitt steht also vor einem echten Härtetest. Im aktuellen Ranking der World Boxing Organization (WBO) liegt er an 14. Stelle, einen Platz vor dem fünf Jahre jüngeren Clay. Der Gewinner dieses für zehn Runden angesetzten Duells um den »Global Belt« wird voraussichtlich mit dem Sprung in die Top Ten belohnt und darf sich berechtigte Hoffnungen auf einen baldigen WM-Kampf machen. Titelträger ist seit Juni 2018 der US-Amerikaner Terence Crawford.
»Mit Gottes Gnade ist es möglich, dass ich Weltmeister werde«, hat Kiwitt laut der Online-Ausgabe der liberianischen Tageszeitung FrontPage Africa nach seinem Erfolg über Nakashidze gesagt. Für »Pretty Boy« war es im 19. Profikampf der 17. Sieg (zehn durch K.o.). Seine Niederlagen erlitt er beide im Londoner Boxtempel York Hall. Und ausgerechnet dies ist der Ort, an dem er im kommenden Monat auf Clay trifft.
Doch Kiwitt hat dort auch schon fünfmal gejubelt. Zuletzt im Februar dieses Jahres, als er sich mit einem Punktsieg gegen den Nordiren Paddy Galagher zum neuen Europa-Champion der WBO kürte. Fünf Monate später holte er in Ghanas Hauptstadt Accra durch TKO gegen Lokalmatador Samuel Turkson den Kontinentaltitel der African Boxing Union (ABU). Damit sorgte der Deutsch-Liberianer für ein Novum, denn nie zuvor hatte jemand in dieser Gewichtsklasse einen europäischen und afrikanischen Gürtel getragen.
Dass Kiwitt seine Erfolge unter liberianischer Flagge feiert, »ist eine Herzensangelegenheit«, wie er betont. Aber die Entscheidung für sein Geburtsland und die Heimat seiner Mutter hat auch einen pragmatischen Grund, »weil es in Deutschland so viele Boxer gibt«. In Liberia will er den Menschen als Vorbild dienen: »Wenn ich es schaffe, dann können sie es auch – diese Hoffnung will ich ihnen geben.«
Vom 13. bis 20. November engagierte sich Kiwitt in der Hauptstadt Monrovia für die Entwicklung des Boxsports in dem westafrikanischen Land. Er nahm an verschiedenen Nachwuchsprojekten teil und führte wegweisende Gespräche mit einflussreichen Funktionären. »Ich will den Jugendlichen helfen, etwas aus ihrem Leben zu machen. Sie sollen die Möglichkeiten bekommen, um das zu erreichen, was ich erreicht habe – und sogar mehr«, erklärte der Boxprofi.
Kiwitt würde gerne zeitnah seinen ABU-Titel in Monrovia verteidigen. »Es ist wichtig, seine Wurzeln nicht zu vergessen«, sagt er und ergänzt: »Die Menschen dort brauchen Vorbilder.« Ein leuchtendes Beispiel sei George Weah. Der amtierende Staatspräsident wurde 1995 als erster und bisher einziger Afrikaner zum Weltfußballer gewählt. »Dank ihm und seiner Erfolge wollen in Liberia alle Fußball spielen.« Vergleichbares wolle er nun als Boxer schaffen. »Die jungen Leute sollen sehen, dass sie in dieser Welt alles erreichen können, wenn sie hart arbeiten und an Gott glauben.«
Kiwitt hat es mit diesem Erfolgsrezept schon weit gebracht. Und in vier Wochen kann er gegen Clay einen Riesenschritt auf seinem Weg nach ganz oben machen.

Robby Echelmeyer