Neustart für Prokop und »Bad Boys«

Handball im Norden

18. Oktober 2018, 11:00 Uhr

Nationaltrainer Christian Prokop freut sich auf die Heim-WM mit seinen »Bad Boys«. Foto: Monika Skolimowska/dpa

Bundestrainer Christian Prokop stellte sich exklusiv den Fragen von Flensborg Avis. Es geht um Fehler, Vertrauen und Zukunftspläne.

Nach der Handball-Europameisterschaft 2018 und dem schlechten Abschneiden der DHB-Auswahl kam Trainer Christian Prokop unter harten Beschuss durch Presse und Vereine. Das Präsidium des DHB sprach ihm jedoch das Vertrauen aus. Jetzt konzentrieren sich Prokop und die »Bad Boys« auf die bevorstehende Heim-WM im Januar.
Zuvor nahm sich der Trainer noch Zeit für ein Interview mit Flensborg Avis.

Flensborg Avis: Jetzt ist ja gerade Urlaubszeit. Wie und wo können Sie denn mal so richtig abschalten? Oder sind Sie eher ein Schnee-Typ?
Christian Prokop: Wir hatten gerade Familienurlaub in Andalusien. Zeit mit unseren Kindern zu verbringen ist toll und lässt einen entspannen.

Fahren Sie lieber in die Sonne und liegen am Strand oder gehen Sie lieber wandern und sind aktiv?
Ehrlich gesagt bräune ich mich am liebsten am Strand oder spiele dort mit den Kids. Ab und zu machen wir gemeinsamen Sport (Fitness, Joggen, Tennis) oder unternehmen einen Ausflug ins Landesinnere.

Die Zeit zwischen EM und WM ist fast ein Jahr. Wenn man in der Bundesliga mal ein Spiel nicht gewinnt, hat man in der nächsten Woche gleich eine neue Chance. Sie mussten jetzt insgesamt sieben Monate bis auf das nächste Pflichtspiel (Qualifikation gegen Israel) warten, da die Qualifikation für die WM ja schon geschafft ist. Wie hält man das so lange aus, ohne vor Anspannung zu platzen? Oder können Sie das ausblenden?
Das ist eine Situation, auf die man sich bewusst einstellen muss. Gerade in der wettkampffreien Zeit sollte man sich mit Spielbeobachtungen, Weiterbildungen und taktischer Vorbereitung auf die anstehenden Pflichtspiele beschäftigen. Zudem ist der regelmäßige Austausch zwischen Spielern, Trainern und teilweise Managern eine zentrale Aufgabe. Am meisten jedoch freue ich mich, wenn ich die Nationalmannschaft zusammen habe und wir gemeinsame Schritte nach vorn machen.

Nach der eher durchschnittlichen EM steht die WM im eigenen Land an. Freuen Sie sich auf das Event ausnahmslos oder haben Sie etwas Angst vor einem Scheitern?
Ich verspüre eine große Vorfreude auf das WM-Turnier im eigenen Land. Die Mannschaft will zeigen, was in ihr steckt.

Wie oft haben Sie sich die Spiele der EM noch einmal angesehen?
Sehr oft! Die Gründe liegen vor allem in einer intensiven Fehler- analyse und der Wichtigkeit, daraus die optimalen Rückschlüsse für das nächste Großturnier zu ziehen.

Wie sehr brauchen Sie den Rückhalt von Präsident und Trainerteam? Oder sind Sie so klar in ihrem Plan, dass Sie immer an sich und ihren Plan glauben?
Während der EM haben wir nicht immer unsere 100-prozentige Geschlossenheit gefunden und dem Gegner gegenüber spüren lassen. Handball ist ein Mannschaftssport und dieser Zusammenhalt muss bei allen Beteiligten im und um das Team herum deutlich spürbar sein.

Beim SC DHfK Leipzig haben Sie aus einer mittelmäßigen Mannschaft ein tolles Team geformt. Reicht die Zeit mit der Nationalmannschaft, um dies auch zu schaffen, oder müssen Sie hier andere Wege gehen?
Der Zeitfaktor limitiert leider die Entwicklungsgeschwindigkeit. Hier bin ich als Bundestrainer vor allem von der Arbeit der Vereinstrainer abhängig. Trotzdem sind es die besten Spieler unseres Landes, die über eine gute Auffassungsgabe verfügen und die kurze Nationalmannschaftszeit nutzen wollen, um Erfolge zu erzielen. Jeder möchte wieder ganz oben stehen, dazu müssen wir uns steigern und konstant am Optimum spielen.

Sie als Mannschaft haben viel aufgearbeitet. Schweißt das als Team zusammen?
Ein direkter und offener Austausch über vergangene Dinge und vor allem zukünftiger Ausrichtung hat die Mannschaft enger zusammengebracht. Erfolg sorgt für gute Atmosphäre, Begeisterung und Identifikation mit der eigenen Aufgabe. Das will das Team erreichen.

Im Juli waren Sie zu einer Länderspielreise in Japan. Kommt so ein Trainingslager genau zum richtigen Zeitpunkt, wobei Teambuilding mindestens genau so hoch gewichtet wird wie Handball?
Unsere Japanreise war in vielen Bereichen ein Erfolg. Wir durften Erfahrungen mit einer neuen Kultur, einer stark gelebten Tradition und den unheimlich gastfreundlichen Japanern vor Ort machen. Zudem hatten wir als Mannschaft viel Zeit auf und neben dem Parkett. Auch in Hinblick Olympische Spiele 2020 in Tokio sind wir in unseren Entscheidungen weiter vorangekommen.

Was ist euer Ziel für die WM?
Wir haben uns interne Ziele gesetzt. Gelingt uns die Umsetzung und die 60 Minuten sind von Leidenschaft und Emotionen geprägt, werden wir unsere hohen Erwartungen erfüllen.

Wer wird Weltmeister? Oder eben Zweiter hinter euch?
Wir haben in Deutschland zwei sehr anspruchsvolle Gruppen ausgelost bekommen. Wir wollen gemeinsam mir unseren handballbegeisterten Fans diese Aufgaben angehen und lösen, Schritt für Schritt.
Das Tippspiel überlasse ich anderen.



Grit Jurack