UPDATE: Aus der Traum

Drittliga-Relegation

Thomas Bleicher
27. Mai 2018, 15:02 Uhr

SC Weiche Flensburg 08 spielt auch in der kommenden Saison in der Regionalliga Nord. (Archivfoto)

Cottbus. Sie schrien ihre Gefühle aus heiseren Kehlen, fielen sich in die Arme und machten ihr Stadion zu einem Ort der Party. Um genau 16 Uhr wurde das »Stadion der Freundschaft« in Cottbus mit über 20.000 Fußballanhängern zu einem wahren Freudentempel. Mit hängenden Köpfen, geknickt aber auch durchaus mit Gefühlen von Stolz verschwanden die Fußballer vom SC Weiche Flensburg 08 im Kabinengang. 

»Es sollte nicht sein. Wir haben das Duell vor drei Tagen in der ersten Halbzeit verloren. Nicht heute. Wir können erhobenen Hauptes aus Cottbus nach Hause fahren. Das darf unsere tolle Saison nicht schmälern«, sagte SC-Spieler Jonas Walter zu Flensborg Avis. Die 2:3-Schlappe am Donnerstag in Kiel, in der der Nord-Meister immerhin einen 0:3-Pausenrückstand noch in ein erträgliches Ergebnis umwandelte, war dann doch eine zu große Hypothek für den Außenseiter aus Flensburg, für den schon der Gewinn der Meisterschaft in der Regionalliga Nord mitsamt Gewinn des Landespokals und dem damit verbundenen Einzug in die DFB-Pokal-Hauptrunde der größte Erfolg der Vereinsgeschichte darstellt. »Und dann hier zu spielen vor 20.000 Zuschauern - das war schon Weltklasse. Das sind Bundesliga-Verhältnisse. Überragend«, sagte Jonas Walter. 

Vielleicht wäre am Sonntag mehr drin gewesen, wenn Nico Empen oder Sekundenbruchteile später der eingewechselte Marcel Cornils in der 81. Minute das Tor getroffen hätten. Sie hatten in einem chancenarmen, von Taktik geprägten Spiel diese eine Riesenchance, Cottbus kurz vor Schluss eins auszuwischen. Empen aber scheiterte am Torwart, Cornils zielte daneben. »Wenn wir das Tor machen, dann will ich nicht wissen, wie das hier ausgeht«, trauerte SC-Kapitän Christian Jürgensen der vergebenen Chance nach. Danach war es mehr oder minder vorbei.

Drei Veränderungen und frischer Wind

Der SC Weiche Flensburg 08 ging mit drei Veränderungen im Vergleich zum Hinspiel in das Rückspiel. Anstelle von Verteidiger Benjamin Safo-Mensah, Spielmacher Nedim Hasanbegovic und Stürmer Nico Empen begannen diesmal Finn Wirlmann im zentralen Mittelfeld, Flügelspieler Junior Ebot-Etchi und Stürmer Tim Wulff. Beide Teams gingen ihre Mission abwartend an, darauf bedacht, bloß keinen Fehler zu machen. Der Druck, die Anspannung waren immer wieder an kleinen Nickeligkeiten zu spüren. Während Energie Cottbus mit dem 3:2-Hinspielsieg im Rücken nicht mehr als nötig tat, agierten die Gäste aus Flensburg im ersten Spielabschnitt ebenfalls vorsichtig, kamen aber immerhin zu drei Gelegenheiten. René Guder, der sich zweimal über rechts durchtankte (8./40. Min.), sowie ein Kopfball von Tim Wulff (20.), sorgten für ein wenig Gefahr. Nach dem Wechsel machten die Hausherren mehr Dampf. Marcelo De Freitas Costa (53.) und Hinspiel-Doppeltorschütze Maximilian Zimmer (58.) zielten aber knapp drüber. Kurz darauf vergab Streli Mamba die allergrößte Chance (64.), als er nach einem Konter aus 14 Metern drüberzielte.
SC-Trainer Daniel Jurgeleit sorgte in der zweiten Halbzeit mit den Einwechslungen von Marcel Cornils (verletzte sich am Ende so schwer, dass sein SC zu zehnt zu Ende spielen musste), Nico Empen und Jannick Ostermann für frischen Wind, feiern taten aber am Ende die Cottbus-Fans und die Mannschaft des charismatischen Trainers Claus-Dieter »Pele« Wollitz. Den machten die eigenen Jungs dann mal eben richtig nass. 45 Minuten nach Spielende »stürmten« mehrere Spieler die Pressekonferenz, übergossen ihren Erfolgstrainer, der bockstolz auf das Erreichte war. »Wir haben das getan, wofür die Fans hier stehen. Leidenschaft, Gier, Zusammenhalt. Damit haben wir den ersten Schritt in die richtige Richtung getan«, sagte Wollitz, der sich erneut darüber ausließ, dass die Regionalliga-Meister überhaupt durch eine Relegation müssen. Seit Sonntag kann ihm das egal sein. 


Marc Reese

Statistik

FC Energie Cottbus: Spahic - Startsev, Matuwila, Stein - Kruse - Schlüter, Weidlich, Viteritti (90. Siebeck), De Freitas Costa, Zimmer (74. Gehrmann) - Mamba (85. Scheidhauer) 

SC Weiche Flensburg 08: Kirschke - H. Ostermann (80. Sykora), Walter, Thomsen - Kleihs, Jürgensen, Wirlmann (71. Cornils), Hartmann - Ebot-Etchi - Guder, Wulff (77. Empen). 
Schiedsrichter: Christian Dingert 
Zuschauer: 20.056

Stimmen: »Stolz auf die Jungs«

Meister in der Nord-Staffel. Landespokalsieger. Zum ganz großen Wurf, dem Aufstieg in die 3. Liga, hat es für den SC Weiche Flensburg 08 dann nicht mehr gereicht. Die Hypothek nach der 2:3-Hinspielniederlage am Donnerstag war zu groß gegen den FC Energie Cottbus, den souveränen Meister der Nordost-Staffel. Hier die Stimmen von Akteuren des SC Weiche 08 am Sonntag nach dem 0:0-Remis:


Harald Uhr (Liga-Geschäftsführer): Ich bin unheimlich stolz auf meine Jungs. Auf die Trainer. Auf das Umfeld. Unsere Taktik wäre fast aufgegangen. Wenn wir das 1:0 machen, wäre vielleicht mehr drin gewesen. Wir können alle viel aus dem Ganzen lernen, auch ich. Wir müssen unsere Lehren daraus ziehen. Wir wollen uns weiter verbessern. Weiter angreifen. Ich wollte, dass wir erhobenen Hauptes aus Cottbus wegfahren können: und das können wir.
Daniel Jurgeleit (SC-Trainer): Cottbus hat es in zwei Spielen verdient geschafft. Ich wünsche Cottbus alles Gute. Heute eine schöne Feier. Auch morgen. Das ist wichtig. Wir haben das heute abgeklärt gemacht. Wir haben nicht verloren, sondern 0:0 gespielt. Wir haben versucht, lange die Null zu halten. Wir wollten es mit einem Tor spannend machen, Unruhe aufkommen lassen. Die Chance war dann zehn Minuten vor Schluss da. Dann hätten wir noch 12, 13 Minuten Zeit gehabt, die Sensation zu schaffen. Ich bin - und das sage ich selten - stolz auf meine Jungs. Wie sie sich geben, wie sie in Kiel zurückgekommen sind. Die Jungs sind jetzt ein bisschen traurig. Sie haben aber eine phantastische Saison gespielt.
Christian Jürgensen (SC-Kapitän): Wir wollten stabil stehen, Nadelstiche setzen, das 1:0 machen - egal wann. Das Tor hätte aber dann auch fallen müssen, das tat es nicht. Wir haben die Relegation nicht heute verloren, sondern am Donnerstag in der ersten Halbzeit. Es fühlt sich jetzt komisch an.
Fiete Sykora (SC-Stürmer): Wir haben ein gutes Spiel gemacht. Sehr abgeklärt. In der zweiten Halbzeit haben wir dann mehr zugelassen. Wir haben das in der ersten Halbzeit im Hinspiel verdaddelt. Schade. Denn ansonsten waren wir auf Augenhöhe.
Dominic Hartmann (SC-Mittelfeldmann): Ich bin enttäuscht. Wenn du so in Kiel zurückkommst, gibt das mental Auftrieb und du rechnest dir hier Chancen aus. Cottbus aber hat in der Saison in 34 Spielen, nur 14 Gegentore kassiert. Da ist es schwer. Wir brauchen uns aber nicht verstecken. Wir haben gezeigt, dass mit uns zu rechnen ist. Wir versuchen es wieder.