Zwei Punkte die besonders gut schmeckten

Handball Bundesliga

06. September 2018, 08:30 Uhr

Drei Spiele, drei Siege - SG-Trainer Maik Machulla hat vor dem Derby allen Grund zur Freude. Foto: Jörg Carstensen/dpa

Berlin. Die meisten Spieler der SG Flensburg-Handewitt waren noch in der Umkleidekabine, als draußen vor der Max-Schmeling-Halle ein kleiner VW Polo neben dem Mannschaftsbus anhielt. Ein lokaler Lieferservice brachte die obligatorische Pizza, die beim Deutschen Meister bei keiner Auswärtsfahrt als Belohnung nach getaner, harter Arbeit fehlen darf. 


In der Hauptstadt gehört seit dem Vorjahr eine zweite Tradition dazu. So gingen Lasse Svan, Rasmus Lauge und Co. gut gelaunt in die Eckkneipe »Café Meta« schräg gegenüber der Arena, um vor der Pizza noch ein Kaltgetränk zu genießen. »Seit wir in Berlin gewinnen, dürfen wir das«, freuten sich die SG-Spieler, die die ausdrückliche Genehmigung ihres Trainers Maik Machulla hatten. Der schlenderte gemeinsam mit seinem Co, Mark Bult und Glenn Solberg aus dem Kompetenzteam, der erstmals in dieser Saison bei einem Pflichtspiel dabei war, hinterher. Die Laune war bestens, denn wie schon am 9. November 2017 (30:26) kam die SG auch diesmal wieder als Sieger aus dem Fuchsbau hervor. In den letzten fünf Partien in Berlin war es der vierte Sieg der Flensburger. Und der 30:25 (14:16)-Erfolg bedeutete nicht nur zwei Punkte und einen bislang perfekten Saisonstart von 6:0-Zählern, es war vor dem Derby am Sonnabend (18.10 Uhr/live ARD, Sky und TV3) auch ein dickes Ausrufezeichen an die Konkurrenz. Trotz personellem Umbruch ist auch in dieser Spielzeit wieder mit dem Titelverteidiger zu rechnen. »Ich hatte schon großen Respekt vor dem Saisonstart«, gestand Machulla nach Spielende exklusiv unserer Zeitung. »Wir hätten auch wie im Vorjahr mit zwei Niederlagen dastehen können«, sagte der Coach und erinnerte sich an den vergangenen Saisonstart, als die SG in Leipzig und Hannover unterlegen war. Jetzt feierte sie nach dem Auftaktsieg in Minden auch in Berlin einen Auswärtserfolg - und wie. Nachdem der Meister im ersten Durchgang einige Probleme mit Berlins zunächst stark aufspielendem Dänen Jacob Holm hatte und Torbjørn Bergerud oftmals von seinen Vorderleuten im Stich gelassen wurde, drehte die SG nach dem Seitenwechsel auf. Aus dem 14:16-Rückstand zur Pause wurde zunächst ein 20:18 (40.) und dann ein 23:20 (45.) Vorsprung. »Wir haben gegen Berlins 7:6-Spiel sehr gut gedeckt«, sagte Holger Glandorf, wieder einmal einer der Besten im SG-Trikot. »Mit nur 25 Gegentoren und vor allem einem Sieg in Berlin sind wir natürlich da wo wir hinwollen«, ergänzte sein Coach, setzte das Ergebnis aber auch in die richtige Perspektive. So vergaß Machulla nicht, dass bei den Gastgebern mit Marko Kopljar, Stipe Mandalinic, Hans Lindberg, Simon Ernst und Fabian Wiede insgesamt fünf Stammkräfte fehlten und es am eigenen Spiel laut seiner Aussage vor allem »in der ersten Halbzeit einiges zu kritisieren« gab.

Beeindruckende Mentalität

Dem Meistertrainer fehlte teilweise die »richtige Einstellung« und »nötige Aggressivität« seiner Spieler. »Ich habe dann einige Dinge die mir wichtig waren angesprochen und wir haben es nach der Pause viel besser umgesetzt«, so Machulla, der auch umstellte. Für den insgesamt glücklosen Bergerud, der insgesamt nur eine Parade zu verzeichnen hatte, kam Benjamin Buric ins Tor. Am Kreis ersetzte Johannes Golla Simon Hald und auch Geburtstagskind Anders Zachariassen, der Däne wurde Dienstag 27. Jahre alt, bekam nach seinem krankheitsbedingten Fehlen gegen Göppingen einige Einsatzminuten. Überhaupt verteilte Machulla die Spielanteile mit Ausnahme von Youngster Dani Baijens auf alle Schultern und hob auch die hervor, die nur Kurzarbeiter waren. »Magnus Jøndal hat drei von drei Siebenmeter verwandelt und Marius Steinhauser hat bei seinem einen Ballkontakt ein Tor erzielt, alles zusammen war wichtig für uns«, so Machulla, der ganz generell, aber vor allem vor dem Derby vor der schwierigen T-Frage steht. Im Vorfeld der Berlin-Partie hatte er bereits angekündigt, dass er sich irgendwann auf eine Nummer Eins zwischen den Pfosten festlegen müsse (O-Ton Machulla: »Ich glaube es ist auch für die Torhüter gut zu wissen, woran sie sind). Spätestens seit Dienstag schlägt das Pendel ganz klar in Richtung Burić aus. Der 27-Jährige hielt - auch dank der in der zweiten Halbzeit wesentlich besseren Defensive – überragend. »Er liefert, kennt die Liga und ist jetzt oben auf, Torbjørn grübelt nun hingegen etwas«, so Machulla, der dem Norweger aber auch Mut machte. »Ich hätte ihn sicherlich auch schon vorher rausnehmen können, aber das wollte ich am 3. Spieltag nach 15 Minuten nicht machen. Ich habe auch Vertrauen in ihn und werde mich jetzt noch nicht auf eine Nummer Eins festlegen. Die Saison ist noch lang und wir werden ihn noch brauchen. Er genießt weiter mein Vertrauen.« Insgesamt ist Machulla »überrascht« von seinem neuen Team, mit »welcher Mentalität die Mannschaft« agiert. »Die Neuen saugen alles auf und die Alten gehen voran. Es wird auch Nackenschläge geben. Wenn wir zwei Halbzeiten wie heute vor der Pause spielen verlieren wir, aber 6:0-Punkte sind natürlich überragend«, so der Coach bestens gelaunt. Die zwei Punkte in Berlin hatten derart gut getan, dass er sogar den Wechselfehler kurz vor der Pause auf seine Kappe nahm. »Da habe ich Simon Jeppsson zu früh aufs Feld geschickt, ich wollte es aber Mark Bult nicht gleich sagen«, so Machulla mit einem breitem Grinsen im Gesicht. Sein Assistent diskutierte in der Szene ausgiebig mit dem Kampfgericht. Am Ende konnte die SG sogar das verschmerzen, die beiden Trainer hinterher herzhaft über die Situation lachen und die mit zwei Punkten belegte Pizza schmeckte auf dem Heimweg besonders gut.


Ruwen Möller rm@fla.de 

Füchse Berlin: Heinevetter, Semisch – Elisson, Holm 4, Struck 1, Gojun 3, Porath, Zachrisson 3, Simak 6/5, Schmidt 1, Jallouz, Reißky 1, Koch 1, Marsenic 2, Drux 3

SG Flensburg-Handewitt: Buric, Bergerud - Karlsson, Golla 2, Hald, Glandorf 6, Svan 7, Wanne 2, Jeppsson 2, Jøndal 3/3, Steinhauser 1, Zachariassen 1, Gottfridsson 2, Lauge 4
Schiedsrichter: Lars Geipel und Marcus Helbig;
Zuschauer: 6371
Siebenmeter: 6/5:3/3 (Buric hält gegen Simak);
Zeitstrafen: 2:6 (Holm, Zachrisson – Karlsson, Lauge, Golla 2, Jeppsson, Svan)