Bundesliga
4. Spieltag


SG FleHa

26

:

25


THW Kiel

Anpfiff

Sa - 08.09. 18:10 Uhr

Spielstätte

--

Zuschauer

--

Schiedsrichter

--

Tobias Karlsson setzt ein Zeichen

Mit seinem neuen Schuh will Tobias Karlsson ein Zeichen für Gleichheit und Vielfalt im Handball und der Gesellschaft setzen. Foto: Salming/Ingrid Anderson-Jensen

Nachdem ihm die Regenbogen-Kapitänsbinde verboten wurde, läuft der Spielführer der SG Flensburg-Handewitt nun in speziellen Schuhen auf. Seine Botschaft: Gleichheit sowie Vielfalt und das Handball eine Sportart für alle ist.
 

Flensburg. Als Kapitän und Abwehrchef der SG Flensburg-Handewitt ist Tobias Karlsson es gewohnt, sportlich klare Zeichen zu setzen. Doch auch Abseits des Spielfeldes ist der Schwede ein Mann mit deutlichen Worten und vor allem Rückgrat. Nachdem er bei der EM 2016 als Spielführer der schwedischen Nationalmannschaft mit einer regenbogenfarbenen Kapitänsbinde für Aufsehen sorgte, setzt er jetzt vor dem Bundesliga-Derby gegen den THW Kiel wieder ein deutliches Zeichen und setzt sich für Gleichheit und Vielfalt ein.

»Handball heißt für mich Respekt und Toleranz, und es sollte ein Platz für alle sein«, so Karlsson, der am Sonnabend in einem extra für ihn angefertigten und entworfenen Schuh auflaufen wird. Dieser ist weiß und die Sohle strahlt in den Regenbogenfarben rot, orange, gelb, grün, blau und lila. Auf der linken Sohle steht der englische Begriff »Equality« für Gleichheit und unter dem rechten Schuh »Diversity« für Vielfalt. An den jeweiligen Fersen-Außenseiten sind ebenfalls die Regenbogen-Farben zu sehen. Außerdem sind die Initialen TK abgebildet.
»Ich habe schon lange von so einem Schuh geträumt, mit dem ich ein solches Statement setzen kann«, so Karlsson. »Die Verbände, vor allem die EHF, haben mittlerweile alle Regularien dahingehend geändert, dass man keine Möglichkeit mehr hat, um mit Farben oder Symbolen für etwas einzustehen. Kapitänsbinden oder Bandagen, nichts darf von der Norm abweichen. Bis auf die Schuhe, die dürfen nach wie vor so aussehen wie der Hersteller sie anfertigt.«

Bei der EM 2016 durfte Tobias Karlsson diese Spielführer-Binde am Ende nicht tragen. Foto: dpa/Archiv

Dieser kommt in diesem Fall aus der Heimat des SG-Spielers, heißt Salming und hat bereits mit Karlssons Kumpel Mattias Andersson einen extra Torwartschuh entwickelt.
»Wir sind sehr stolz, dass wir zusammen mit Tobias ein exklusives Statement zu einem wichtigen Thema abgeben können, das eigentlich selbstverständlich sein sollte - das alle Menschen gleich sind und Sport, auch der Handball, ein vereinender Faktor ist«, so Thomas Nord (Head of Design & Creative Director Salming).
Karlsson ergänzt: »Es ist wie mit der Regenbogenbinde. Ich möchte ein Zeichen setzen und zwar dafür, dass Handball eine Sportart für alle ist. Ich habe erlebt, dass es nicht immer so offen war, oder dass die Akzeptanz nicht überall für alle gleich war. Es gab an verschiedenen Orten unterschiedliche Verhältnisse. Für mich ist der Handball und meine Position im Handball eine gute Möglichkeit, um zeigen und zu sagen: dafür stehe ich und dafür steht auch die Sportart Handball.«
Rückblick: Vor der Europameisterschaft in Polen vor zwei Jahren, bekam Karlsson von seinem Landsmann Johan Jepson eine Kapitänsbinde in Regenbogenfarben geschenkt. Der hatte eine solche Binde in seinem Heimatclub, dem schwedischen Erstligisten Kristianstad getragen. »Er hat mich gefragt, ob ich sie auch in der Nationalmannschaft tragen würde - und das wollte ich sehr gerne«, sagte Karlsson im Rahmen der EM. Die EHF (Europäische Handballföderation) hatte zunächst auch grünes Licht gegeben, die Ampel aber kurz vor dem ersten Auftritt der Schweden während der Vorrunde wieder auf Rot gestellt.
Zur Erinnerung: Karlsson bewegte sich damals mit seiner Aktion in einem Polen, das einen Rechtsruck erlebte. Das Spannungsfeld beinhaltete seinerzeit diplomatische Verwerfungen und politischen Druck auf kritische Medien. Der Abwehrchef von Deutschlands Gruppengegner wollte laut eigener Aussage ein »starkes Zeichen für Toleranz und Gleichbehandlung aller Menschen« setzen.

Der neue Regenbogen-Schuh von Tobias Karlsson. Foto: Salming/Ingrid Anderson-Jensen

»Ich trage die Binde so lange, bis mich jemand aufhält«, sagte Karlsson und betonte seinerzeit im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst und unserer Zeitung: »Meine Bühne ist nicht Polen, sondern die schwedische Nationalmannschaft. Ich hätte sie auch in Norwegen oder Frankreich getragen.«
Sorgen machte sich der heute 37-Jährige damals nur um sein Team. »Ich habe die Nationalmannschafts-Leitung gebeten, zu prüfen, ob es Regularien für Strafen wie Punktabzüge in dieser Sache gibt«, sagte Karlsson im Vorwege. Gab es aber nicht. Stattdessen gab es viele Fürsprecher. So sagte beispielsweise der damalige Kapitän der Deutschen Mannschaft, Steffen Weinhold (THW Kiel): »Ich finde es gut, dass er das macht, und unterstütze ihn in seiner Meinung«.
Die EHF sah das anders und verbot die Binde. »Ich denke, es ist traurig, dass die EHF uns daran hindert zu zeigen, wofür wir in Bezug auf Offenheit, Mitmenschlichkeit und gleiche Werte stehen«, so Karlsson damals.
Der Schwede sagt was er denkt, äußert sich auch politisch und blickt über den berühmten Tellerrand hinaus. Gemeinsam mit den ehemaligen SG-Kollegen Oscar Carlén und Patrik Fahlgren ist er Inhaber der Firma »Inside International Sportspartner«, die sich damit beschäftigt, Versicherungen für Sportler anzubieten. Er nimmt außerdem jedes Jahr im November an der so genannten Movember-Bewegung teil und lässt sich einen Schnauzbart stehen. Dies machen Männer weltweit, um Spenden für die Movember-Stiftung zu sammeln, die sich dem Kampf gegen Prostatakrebs verschrieben hat. »Ich mache das gerne, weil ich auch persönlich davon berührt war. Mein Vater hatte Prostatakrebs und hat sehr darunter gelitten. Mittlerweile ist er zum Glück wieder gesund«, erklärt Karlsson seine Beweggründe. 2015 war er zudem offizieller Botschafter der EuroGames, der größten jährlich stattfindenden schwulen-lesbischen Sportveranstaltung in Europa.
Wenn sein Regenbogen-Schuh auch auf andere Bereiche der Gesellschaft abfärben könnte, wäre das für Karlsson »traumhaft«. Er sagt: »Für mich ist es selbstverständlich, dass alle Menschen gleich sind. Aber nochmal: ich habe erlebt, dass es nicht so ist. Es sollte eigentlich kein großes Thema sein, ist es aber leider immer dann, wenn doch Unterschiede zwischen Menschen gemacht werden.«
Karlsson weiter: »Ich versuche als Sportler ein Vorbild zu sein und so lange ich aktiv bin und eine gewisse Aufmerksamkeit bekommen kann, versuche ich auf die Dinge aufmerksam zu machen, für die ich einstehe. Wenn das sogar auf andere Bereiche ausstrahlen kann, bin ich sehr froh darüber. Ich kann damit vielleicht niemanden im Hier und Jetzt erreichen, aber wenn ich damit etwas für meine Kinder und zukünftige Generationen bewegen kann, bin ich stolz und froh.«

Ruwen Möller