Flensburg berauscht sich an sich selbst

Handball

15. März 2018, 20:35 Uhr

Rasmus Lauge spielte mit der SG gegen Berlin stark auf. (Foto: Sven Geißler)

Flensburg. Deutschlands nördlichste Handball-Hochburg hat ein rauschendes Fest auf dem Platz und den Rängen erlebt. In der mit 6300 Zuschauern ausverkauften Flens-Arena fegte die SG Flensburg-Handewitt die Füchse Berlin aus der Halle. Die Hausherren gewannen das Spitzenspiel des 22. Spieltags in der Bundesliga mit 29:21 (14:10) und übernahm damit Rang zwei vor dem Hauptstadt-Team. Der Meister von 2004 ist nun also erster Verfolger von Titelverteidiger Rhein-Neckar Löwen. Die Mannheimer siegten locker mit 36:26 gegen den VfL Gummersbach und sind weiter Spitzenreiter.

Neben den zwei Punkten durfte sich vor allem Holger Glandorf freuen. Er ist nun der beste Feldtorschütze der gesamten Bundesliga-Geschichte.
Wie von seinem Trainer Maik Machulla im Vorfeld der Partie erhofft, war die »Hölle Nord« von Beginn an da. Bereits vor dem Spiel wurde das Heimteam kräftig angefeuert und die ersten stehenden Ovationen folgt kurz nach dem Anwurf.
Es sollten an diesem Abend nicht die letzten bleiben.

Die SG begann mit einer überraschenden Startformation. Im Tor stand Kevin Møller statt Mattias Andersson und zudem durfte Kentin Mahé anfangen. Der zweifache Weltmeister saß zuletzt viel auf der Bank und war meist nur als Siebenmeterschütze gefragt. Ansonsten waren Rasmus Lauge, Lasse Svan, Henrik Toft Hansen, Hampus Wanne und Holger Glandorf sowie in der Abwehr Tobias Karlsson dabei. Der Kapitän wechselte mit Mahé. Frankreichs Nationalspieler musste beim 2:4 (9.) allerdings komplett raus und wurde durch Thomas Mogensen ersetzt. Zudem kam Anders Zachariassen ins Spiel. Machulla konnte bis dahin nicht zufrieden sein, hatte sein Team doch bereits einen technischen Fehler und zwei Stürmerfouls sowie zwei Fehlwürfe produziert.
Langsam stellte sich Besserung ein. Die Initialzündung war eine Zeitstrafe gegen Glandorf. In Unterzahl machte die SG aus einem 5:6-Rückstand (17.) eine 8:7-Führung (19.). Jetzt lief es plötzlich im Angriff und der Lauf ging bis zum 11:7 weiter. Die Offensive agierte in dieser Phase wesentlich strukturierter. Überragend zudem: Møller im Tor und Zachariassen in der Abwehr. Die SG blieb mit 12:8 vorne. Berlin wechselte im Tor. Silvio Heinevetter ging entnervt raus und Petr Stochl kam.
Mit dem 13:9 (27.) durch Glandorf gelang ihm ein historischer Treffer. Es war sein 2262. Feldtor in der Bundesliga und damit schloss er zum bisherigen Rekordhalter Kyung-Shin Yoon auf. 
Die Stimmung war nicht nur deshalb längst am Siedepunkt. Mogensen spielte ständig den Einpeitscher in Richtung Publikum und die verwandelten Strafwürfe von Mahé waren ebenfalls emotionale Anheizer.

In der zweiten Halbzeit ging der Galaauftritt der Gastgeber einfach weiter. Wie schon beim Hinspielsieg in Berlin war die SG klar besser und gewann verdient. 
Die Vorentscheidung schien bereits gefallen, als die gesamte Aufmerksamkeit erneut Glandorf gehörte. Nach genau 45:46 Minuten traf der Weltmeister von 2007 zum 22:15 und erzielte dabei Bundesliga-Feldtor Nummer 2263. Damit ist er fortan alleiniger Rekordhalter in dieser Statistik. Er ließ noch einen weiteren Treffer folgt und hat nun als 2264 aus dem Spiel heraus erzielt.
Der Linkshänder und seine Teamkollegen kamen aus der Feierlaune gar nicht mehr raus. Als Berlins Bester, der Däne Hans Lindberg, sich einen seiner wenigen Fehlwürfe leistete, war der SG-Sieg endgültig perfekt.
Die Fans feierten ihm mit einem neuen Schlachtruf: »Flensburg ist viel schöner als Berlin, schöner als Berlin, schöner als Berlin« halte es durch die Arena.
In der Schlussminute dann noch reichlich Hektik und hitzige Stimmung. Diverse Spieler gerieten aneinander und sowohl Mogensen als auch Zachariassen bekamen eine Zeistrafe. An der Flensburger Handball-Party ändert das aber nichts mehr.
Das nächste Spiel der SG steht am kommenden Donnerstag beim SC Magdeburg an. Dort gilt es die Leistung von heute zu bestätigen und erneut zwei wichtige Punkte einzufahren, um im Titelkampf ganz oben dranzubleiben.
Am Wochenende bekommen die Spieler dafür zwei freie Tage. 
Unseren Nachdreher zur Partie mit allen Stimmen der Spieler und von Trainer Maik Machulla gibt es am Sonnabend in der gedruckten Ausgabe von Flensborg Avis.

Ruwen Möller

Statistik

SG Flensburg-Handewitt: Andersson (bei zwei Siebenmetern), Møller - Karlsson, Glandorf 3, Mogensen 1, Svan 6, Wanne 3/1, Jeppsson n.e., Steinhauser 1/1, Heinl n.e., Zachariassen 4, Toft Hansen, Gottfridsson, Lauge 8, Mahé 3/3

Füchse Berlin: Heinevetter, Stochl - Wiede 2, Elisson, Milde, Vukovic, Struck, Mandalinic 1, Gojun, Lindberg 9/5, Zachrisson 3, Fäth 3, Schmidt 1, Kopljar 2, Koch
Schiedsrichter: Geipel/Helbig
Zuschauer: 6300 (ausverkauft)
Siebenmeter: 6/5:5/5 (Mahé scheitert an Stochl)
Zeitstrafen: 5:3 (Glandorf, Zachariassen, Mogensen 2, Lauge  - Vukovic, Struck, Gojun)