Triumph des Kollektivs
Champions League/Handball

Zusammenhalt. Thomas Mogensen (re.) und Kapitän Tobias Karlsson. (Foto: Martina Metzger)
Flensburg. Am Ende hielt es kaum einen mehr auf den Sitzen. Mit großen Augen verfolgten die fast 6000 Zuschauer in der Flens-Arena die Schlusssekunden eines Flensburger Handballspektakels, in dem die SG Flensburg-Handewitt den Turnierfavoriten Paris St.-Germain HB zum Auftakt der Champions League Gruppe A regelrecht entzauberte, ja von der Platte fegte. 39:32 strahlte es von der Anzeigetafel. Mikkel Hansen, der Franzose Nikola Karabatic sowie die vielen anderen großen Namen im Pariser Starensemble waren in die Knie gezwungen.
Große Leistung nach Bundesliga-Niederlagen
Die SG hatte geschafft, was nach den schlimmen Auftritten in den beiden vorherigen Bundesligapartien (Niederlagen gegen Melsungen und Wetzlar) so und in der Form momentan weniger zu erwarten war. Zusammen. Das Kollektiv war besser als die herausragende indivuduelle Klasse des Gegners. Die Hausherren, die neben Keeper Mattias Andersson mit den Außen Anders Eggert und Lasse Svan, den Rückraumspielern Thomas Mogensen (bzw. Kapitän Tobias Karlsson in der Abwehr), Rasmus Lauge und Holger Glandorf sowie Kreisläufer Anders Zachariassen begannen, legte furios los. Über 3:0 und 7:2 baute die SG ihre Führung sogar bis auf 16:7 (!) aus. Eine hochkonzentrierte, aggressive Abwehr und ein gut aufgelegter Torwächter Mattias Andersson dahinter, trieben den französischen Turnierfavoriten zur Verzweiflung - und vorn traf die von Vranjes hervorragend eingestellte und gecoachte SG, die noch in Wetzlar das Toreschießen verlernt zu haben schien, schier nach Belieben. Selbst den Ausfall von Zachariassen, der sich bei seinem Tor zum 13:7 verletzte (Kniegelenk-Kapsel verletzt, weitere MRT-Untersuchungen am Montag), warf die SG sportlich nicht zurück, auch wenn PSG bis zur Pause auf 16:21 herankam.
Franzosen schöpften Hoffnung
Als Nikola Karabatic kurz nach dem Wechsel zum 19:22 traf, schöpften die Franzosen noch einmal Hoffnung. Diese sollte aber schon bald verfliegen, denn die SG war an diesem Abend hellwach. Holger Glandorf antwortete postwendend mit einem Doppelschlag zum 24:19, dann - wie fast im gesamten Spiel - immer wieder Eggert. 13 Treffer schenkte der bärenstarke Däne den Keepern Thierry Omeyer und Patrice Annonay ein. Gäste-Trainer Noka Serdarusic konnte wechseln, verändern, tun und machen was er wollte, der Champions-League-Gewinner von 2014 hatte doch immer die passende Antwort parat. Dieser kollektive Mannschaftserfolg, unterstützt von einem begeisterten (und begeisterndem) Publikum im Rücken, ließ kaum einen kalt. Schon gar nicht Thomas Mogensen, der nahezu 400 Pflichtspiele für seine SG auf dem Buckel hat. »Ich muss auch den Hut vor dem Publikum ziehen. Ich spiele schon lange hier, aber das war eine der besten Champions League-Leistungen unserer Fans und das brauchen wir in dieser schwierigen Gruppe. Die zwei Punkte waren wichtig für den Start«, sagte Mogensen.Mogensen: »Wir haben hier etwas Besonderes«
Den Taktgeber des SG-Spiels freute, dass diese Mannschaftsstärke die Oberhand behielt gegen imens starke Einzelkönner. »Es ist geil, wie wir spielen. Handball ist für mich ein Mannschaftssport, in dem man alles für seinen Nebenmann gibt«, sagte Mogensen. »Mir ist es am Ende egal, ob ich ein Tor erziele oder der Spieler neben mir. So denken und so versuchen wir zu spielen. Mir macht das Spaß«, erklärte Mogensen weiter. »Sicherlich wünscht man sich in Wetzlar, wenn man dort zurückliegt, einen Spieler, der einfach zehn Stück alleine reinhaut, aber was wir hier haben ist etwas Besonderes und ich sehe großes Potenzial und eine große Zukunft für uns.«
Enttäuschter Mikkel Hansen
Enttäuschung dahingegen beim Dänen Mikkel Hansen. »Flensburg hat besser gespielt als wir, war extrem aggressiv und bereit. Wir waren zwischenzeitlich dran, haben dann aber ein, zwei Bälle leichtfertig verloren«, erklärte der neunfache Torschütze Flensborg Avis. »Wir hätten das Spiel gerne gewonnen, doch es ist nicht zu ändern. Wir müssen jetzt gucken was falsch lief und daraus lernen.« Für die Flensburger dahingegen ist der Auftakt geglückt. Sie können erhobenen Hauptes die nächste schwere Champions League-Hürde in Angriff nehmen (Sonnabend, 17.30 Uhr bei den Ungarn von MKB Veszprém). Zunächst aber geht es am Mittwoch in der Flens-Arena (19 Uhr) gegen die Füchse Berlin - und in der Liga hat die SG bekanntlich noch einiges gutzumachen.
Von Marc Reese
Statistik
SG Flensburg-Handewitt: Andersson, Møller (bei einem Siebenmeter) – Karlsson, Eggert 13/7, Glandorf 9, Mogensen 4, Svan 5, Wanne, Djordjic n.e., Jakobsson 1, Zachariassen 3, Toft Hansen 1, Gottfridsson, Lauge 3, Radivojevic.
Paris St. Germain: Omeyer, Annonay – Melic, Møllgaard 1, Vori, Kounkoud 4, Barachet, Gunnarsson 3, Abalo 2, L. Karabatic 1, Hansen 9, Narcisse 2, Onunfryienko 2, Honrubia 1, N. Karabatic 7Zeitstrafen:9:4 (Karlsson 2, Glandorf, Svan, Jakobsson, Zachariassen, Toft Hansen 2, Lauge – Barachet, Gunnarsson, L. Karabatic, Hansen)
Siebenmeter:7/7:6/5 (Andersson hält gegen Hansen)
Zuschauer: 5800 (ausverkauft).
Schiedsrichter: Hansen/Gjeding (Dänemark)
Zeitstrafen:9:4 (Toft Hansen 2, Karlsson 2, Glandorf, Svan, Lauge, Zachariassen, Jakobsson– Hansen, L. Karabatic, Gunnarsson, Barachet).