SG will versöhnlichen Abschluss

Handball

25. Dezember 2017, 10:00 Uhr

SG-Coach Maik Machulla. (Archivfoto)

Flensburg. Am 3. Spieltag der Saison 2017/18 gewann die SG Flensburg-Handewitt mit 27:22 gegen den Deutschen Meister, die Rhein-Neckar Löwen. »In dem Spiel war trotzdem nicht alles gut«, sagt Maik Machulla, Trainer der Norddeutschen. Eine halbe Spielzeit später, am 18. Spieltag, unterlag sein Team mit 27:32 in Mannheim, rutschte auf Platz vier ab und hat drei Zähler Rückstand auf den alten und neuen Tabellenführer. Genau so, wie Machulla zu Saisonbeginn nichts davon hielt, seine Mannschaft in den Himmel zu loben, will er deshalb aber jetzt nichts von einer Grundsatzdiskussion wissen. »Ich werde jetzt nicht alles in Frage stellen«, so Machulla nach dem Training am Sonnabend

Vor dem letzten Spiel des Jahres gegen die TSV Hannover-Burgdorf (Dienstag, 26. Dezember um 17 Uhr/live Sky) nahm sich der SG-Cheftrainer Machulla allerdings ausführlich Zeit, um mit unserer Redaktion über die Löwen-Pleite und die aktuelle Situation in Flensburg zu sprechen. 

Schließlich weiß auch Machulla ganz genau, dass der bisherige Saisonverlauf Begehrlichkeiten geweckte hat, die Ansprüche bei der SG extrem hoch sind und vor allem die Pleiten gegen Kiel und in Mannheim der SG-Seele weh taten, weil die Mannschaft bereits gezeigt hat, dass sie viel besser spielen kann.

FL-Arena: Maik Machulla, wie fällt ihre Analyse vom Spiel bei den Löwen aus, woran hat es in ihren Augen gelegen, dass die SG verloren hat?

Maik Machulla: Zunächst einmal ärgert mich der schlechte Start ins Spiel und das wir keinen Zugriff auf den Angriff der Löwen bekommen haben. Sie waren sehr dominant. Sie haben sehr gut gespielt, aber auch, weil wir es zugelassen haben. In der zweiten Halbzeit standen wir kompakter und hatten Andy Schmid besser im Griff. Die Löwen haben irgendwann 7 gegen 6 gespielt und in der Phase haben wir kopflos agiert. Wir sind auf alles was sich bewegt hat gerannt und haben unglückliche Zwei-Minuten-Strafen kassiert. Sowohl Anders Zachariassen als auch Jim Gottfridsson waren in dieser Phase übermotiviert und die Zeitstrafen haben wir uns selber zuzuschreiben. Die Chance auf ein Tor zu verkürzen hatten wir, aber wir schaffen es nicht und können die Löwen so nicht unter Druck setzen. Ein weiterer Knackpunkt war die Tatsache, dass Mikael Appelgren am Ende überragend gehalten hat.

Zu Saisonbeginn hatte ihr Team große Probleme beim Abschluss, viele Chancen wurden vergeben. Zwischenzeitlich hatte sich das gebessert, aber gegen die Löwen war diese Schwäche wieder zurück. Wurden ähnliche Fehler gemacht wie in den ersten Spielen oder woran lag es?
Machulla: Es stimmt, die vielen vergebenen freien Würfe haben uns bereits einiges gekostet. Die Frage ist, wieso passiert es in dieser Häufigkeit. Es kann an der Konzentration liegen, in Mannheim lag es am Ende vielleicht auch ein bisschen an der Müdigkeit. Wir erspielen uns viele Chancen und mit unserem Angriff war ich bis auf die Endphase auch zufrieden, aber ja, wir haben zu viele Chancen ausgelassen.

Nach der Derby-Niederlage in der Bundesliga gegen Kiel haben sie bereits die fehlende Aggressivität in der Abwehr bemängelt, wieso passierte das in Mannheim erneut, ihr Team wirkte vor allem zu Beginn sehr defensiv und passiv?
Machulla: Wir wollten defensiv stehen, aber nicht passiv. Am Ende waren wir aber zu passiv und deshalb auch zu defensiv. So entstand Unsicherheit und das führte zu einem Domino-Effekt. Wir haben das Gefühl für unser Konzept verloren. Die richtige Aggressivität in der Abwehr ist der Schlüssel für unseren Erfolg. Im Angriff erspielen wir uns immer gute Möglichkeiten - natürlich müssen die auch rein, aber zunächst einmal brauchen wir eine stabile Abwehr. Und dafür benötigen wir gute Beinarbeit und Aggressivität. Nur weil man defensiv steht, heißt es nicht, dass man nicht aggressiv ist. In Wetzlar haben wir es überragend gemacht, gegen die Löwen nicht. 

Die Löwen haben mit einer 5:1-Deckung angefangen und später mit einer 6:0-Abwehr gespielt. Wäre eine Umstellung, taktisch oder von der Formation her für sie denkbar? Sky-Experte Martin Schwalb war der Meinung, es würde nicht »in der DNA der Flensburger liegen«, etwas anderes als mit einer 6-0-Abwehr zu spielen ...
Machulla: Ich kann natürlich nicht akzeptieren, dass uns die nötige Aggressivität fehlt, aber grundsätzlich glaube ich an das was wir machen. Es ist immer schwierig nach Niederlagen etwas komplett umzustellen. Ich werde daher jetzt nicht alles in Frage stellen. Vielmehr geht es darum, dass wir uns über das Training die richtige Aggressivität für das Spiel holen. Darüber haben wir auch schon gesprochen. Die Frage ist auch immer, welche Abwehr passt zum Gegner und ich meine, dass eine 5:1-Variante nicht gegen die Löwen passt. Man nimmt Andy Schmid vielleicht etwas aus dem Spiel, aber deren Halbspieler sind so gut, dass sie dadurch zu gefährlich werden. Außerdem haben wir im Hinspiel genau so gedeckt wie im Rückspiel. Ich stelle daher auch unser System nicht in Frage. Wer einmal zurückschaut, der wird sehen, dass wir gegen die Löwen in den letzten Jahren immer Probleme im Angriff, aber nicht in der Abwehr hatten. Diesmal war es leider umgekehrt.

Die Flens-Arena ist gegen Hannover mit 6300 Zuschauern ausverkauft. (Archivfoto)

War die Erwartungshaltung an ihr Team vor dem Spiel zu hoch? Sie standen auf Platz zwei und somit vielleicht weiter oben als dem Team gut tat. Sind die Löwen aktuell einfach eine Klasse besser?

Machulla: Die Erwartungshaltung in Flensburg ist immer hoch und das soll sie auch sein. Aber wieso wird davon geredet, dass die Meisterschaft weg ist? Wir haben nie von der Meisterschaft gesprochen. Magnus Rød ist seit einigen Wochen verletzt, Holger Glandorf muss daher alleine im rechten Rückraum spielen. Seit Wochen fehlt uns auch Jacob Heinl. Hampus Wann spielt seine erste Saison durch und ein Mann wie Simon Jeppsson benötigt noch Zeit, all diese Dinge darf man nicht außer Acht lassen. Ich habe gesagt, dass es eine enge Saison wird und das wird bis zum Ende auch so bleiben. Davon rücke ich nicht ab, denn Teams wie Melsungen, Hannover und Berlin sind alle besser geworden. Wir hatten uns das Topspiel am 18. Spieltag aber erarbeitet. Mit einem Sieg wären wir Erster gewesen, jetzt sind wir Vierter, daran sieht man auch, wie eng es ist. Für mich ist das kein Grund jetzt alles negativ zu sehen. Ich glaube an unseren und meinen Weg und gehe diesen weiter, auch wenn wir sicherlich sagen müssen, dass die Löwen aktuell eine Liga für sich sind.

In den Spielen gegen Kiel und in Mannheim konnte Mattias Andersson nicht an seine bislang überragende Form in dieser Saison anknüpfen. Insgesamt gingen die Torwart-Duelle zwischen ihrem Duo und den Gegnern verloren, woran lag das?
Machulla: Mattias hat bis Ende November eine überragendes Konstanz gezeigt. In den letzten Spielen kam er nicht ganz an die Zahl der Paraden wie zuvor heran. Aber auch für Mattias gilt, dass die Ansprüche an ihn und seine eigenen immer extrem hoch sind. Doch er ist nur so gut wie die Abwehr vor ihm, dass Zusammenspiel muss passen. Grundsätzlich vertraue ich Mattias und auch Kevin Møller, der seine Sache gut gemacht, wenn er benötigt wurde. Möglicherweise ist bei Mattias im Unterbewusstsein irgendwo ein bisschen Müdigkeit, aber er gibt mir keine Signale von Erschöpfung. Im Gegenteil, er hat durch unsere Trainingssteuerung zum jetzigen Zeitpunkt im Dezember so viel Energie wie lange nicht mehr. Auf Mattias lasse ich daher nichts kommen.

Was wünschen sie sich für den Jahresabschluss gegen Hannover? Im Hinspiel gab es eine Niederlage, haben sie vor allem Revanche-Gedanken vor diesem Spiel?
Machulla: Nein. In Hannover haben wir im Angriff und der Abwehr nicht gut gespielt, aber es geht um zwei Punkte in der Bundesliga, an Revanche denke ich nicht. Ich wünsche mir, dass wir als Mannschaft noch einmal 60 Minuten zusammenstehen und alle Kräfte mobilisieren. Wir müssen alles reinwerfen, Leidenschaft, Aggressivität und Spielfreude, schließlich wollen wir beim Handball auch Spaß haben und das vor unseren tollen Fans zeigen. Ich bin mir sicher, dass eine tolle Stimmung herrschen wird. Die Halle ist voll und unsere Anhänger wissen das die Mannschaft sie braucht. Und am Ende wünsche ich mir natürlich zwei Punkte. Wenn wir das schaffen, dann ist es für uns alle auch ein versöhnlicher Abschluss.

Ruwen Möller