Handball

Flensburgs Ex-Coach ein Kandidat für die Löwen?

Thomas Bleicher
23. Februar 2020, 13:46 Uhr

Vranjes ein Löwen-Kandidat? Foto: Lars Salomonsen

Nach der Trennung von Kristján Andrésson brauchen die Rhein-Neckar Löwen einen neuen Trainer. Noch ist unklar, ob es einen Interimscoach bis Saisonende gibt oder gleich einen neuen Cheftrainer. Bei der Suche nach einem Nachfolger gibt es einige Probleme.


Cuenca. Die Trennung von Trainer Kristján Andrésson hat die Rhein-Neckar Löwen unter Druck gesetzt. Nach der Beurlaubung des Isländers am Samstag steht der kriselnde Handball-Bundesligist vor vielen Fragen, und er hat nur wenig Zeit, sie zu beantworten. Im EHF-Cup-Spiel an diesem Sonntag bei Liberbank Cuenca (33:28-Auswärtssieg) betreute zunächst mal Sportchef Oliver Roggisch die Mannschaft gemeinsam mit Drittliga-Coach Michel Abt. Für den Trainer der 2. Mannschaft musste kurzfristig ein Flug nach Spanien gebucht werden. Wie es nach der Partie weitergeht, ist völlig offen.
»Oliver Roggisch hat mich gefragt, ob ich mich in diesem einen Spiel auf die Bank setze», hatte Abt im Vorfeld gesagt. Er geht davon aus, dass es bei einer einmaligen Angelegenheit bleibt. Allerdings steht schon am Mittwoch (19.30 Uhr) das Rückspiel gegen den spanischen Erstligisten an. Es bleibt den Löwen also nicht viel Zeit, bis dahin eine neue Lösung zu präsentieren. Zumal der Club bis zuletzt einen Trainerwechsel unbedingt hatte vermeiden wollen und entsprechend auch keine schnelle Alternative parat hatte. Deshalb ist vollkommen unklar, ob der Verein die Runde mit Abt zu Ende bringen, einen erfahrenen Interimstrainer bis Saisonende oder gleich einen Coach für ein längerfristiges Engagement verpflichten will.

Sofort zu haben wäre beispielsweise der gerade als Bundestrainer freigestellte Christian Prokop. Eher ins Profil passt allerdings Ljubomir Vranjes, der große Erfolge mit der SG Flensburg-Handewitt gefeiert hatte und zuletzt mit der slowenischen Nationalmannschaft überraschend ins EM-Halbfinale eingezogen war. Er steht aktuell allerdings beim schwedischen Erstligisten IFK Kristianstad unter Vertrag. Unsere Anfrage, ob er ein Angebot der Löwen habe, beantwortete Vranjes per Textnachricht lediglich mit einem Schulterzucken.

Am Samstag unterlag er mit Kristianstad in der schwedischen Meisterschaft mit 26:23 bei IK Sävehof. Damit rangiert das Vranjes-Team weiter auf Tabellenplatz drei, was ein Teil der Fans in den sozialen Medien und einige schwedische Medien stark kritisieren. Während der EM hatte Vranjes in einem Interview mit den »Kieler Nachrichten« gesagt, dass er »in ein paar Jahren« »unbedingt wieder« in die Bundesliga möchte. Die EM war allerdings erst im Januar. Der Name Vranjes soll im Mannheimer Umfeld allerdings bereits gefallen sein.
Dennoch: Die Suche nach einem neuen Coach könnte sich für die Löwen also ein wenig hinziehen.
Die Trennung von Andrésson war aus Sicht der Mannheimer unvermeidbar. Nach dem zuletzt enttäuschenden 29:29-Unentschieden in der Bundesliga gegen den TBV Lemgo reifte der Entschluss, den erst zu Saisonbeginn als Nachfolger von Erfolgscoach Nikolaj Jacobsen verpflichteten und mit einem Vertrag bis 2022 ausgestatteten Andrésson zu beurlauben. Geschäftsführerin Jennifer Kettemann sprach von einem Schritt, der «notwendig» gewesen sei.
Fraglos spielt der zweifache deutsche Meister bislang eine enttäuschende Runde. Aus dem DHB-Pokal sind die Löwen bereits ausgeschieden, und in der Bundesliga haben sie sechs Minuspunkte mehr auf dem Konto als der Tabellenzweite SG Flensburg-Handewitt. In diesem Jahr haben sie in der Liga überhaupt noch nicht gewonnen und damit einen kaum noch aufzuholenden Rückstand. Daher wird auch die angepeilte Champions-League-Teilnahme ziemlich sicher verpasst.
Sogar die erneute Qualifikation für den EHF-Pokal ist gefährdet. Kurzum: Die Nordbadener befinden sich in ihrer schwersten Krise seit dem Bundesligaaufstieg 2005. Doch Spielmacher Andy Schmid will die Misere nicht nur am gerade entlassenen Trainer festmachen: «Kristján Andrésson ist auf keinen Fall der Alleinverantwortliche für diese Krise. Jeder Spieler hat dazu beigetragen, dass es so weit gekommen ist», sagte der Spielmacher dem »Mannheimer Morgen«.

dpa/rm