CrossFit: Angesagt und ausprobiert
Fitness-Trend. Was verbirgt sich hinter CrossFit? Flensborg Avis wollte es genau wissen und war beim Probetraining.
Die ersten Schweißtropfen fließen, die Musik ist laut und die Farben an den Wänden sind neben coolem grau knallig - rot, grün und gelb. Der Raum ist gefüllt mit Medizinbällen, Gewichten, Langhanteln und einem Stahl-Gerüst, an dem Turnringe, Seile und Gummibänder herunterhängen. Insgesamt ist die Einrichtung spartanisch. Ganz gewollt trifft hier Industrie-Style auf sportliche Moderne. Wir befinden uns in der nördlichsten Cross-Fit Box Deutschlands, gleichzeitig der einzigen zwischen Hamburg und Esbjerg.
Der momentane Hype in Dänemark und Deutschland hat uns neugierig gemacht und unsere Sportredaktion wollte wissen: was verbirgt sich hinter CrossFit?
»CrossFit vereint Elemente aus Gymnastik, Gewichtheben und Leichtathletik zu einem funktionalen Ganzkörper-Training«, sagt Joshua Wichtrup (Foto oben r. am Seil), der im Juni gemeinsam mit seinem Kumpel Finn Schulz (l. am Seil) die CrossFit-Box in Flensburg eröffnet hat.
Soweit, so gut, doch das reicht uns nicht. Also auf zum Probetraining.
Wourkout of the Day
Kernstück eines jeden Trainings ist das so genannte Workout of the Day (WOD). Nach einem gemeinsamen Aufwärmen und einem Technikteil, in dem verschieden e Übungen erklärt und erlernt werden, beginnt das WOD. Somit startet auch stets der anstrengende Teil einer jeden Trainingseinheit, die sich auf rund eine Stunde begrenzt. Beim WOD werden verschiedene Übungen ausgeführt. Dies geschieht immer mit unterschiedlichen Vorgaben. Dabei variieren entweder die Wiederholungszahlen, das Zeitlimit und vor allem jedes Mal die Zusammensetzung der Aufgaben. Dadurch ist das Training nie langweilig, sondern stets abwechslungsreich, herausfordernd, aber auch immer wieder zufriedenstellend.
Ein Beispiel einer Trainingseinheit: Zwei Mal 1000 Meter Laufen sowie vier verschiedenen Übungen (z.B. Liegestütz, Situps, Kastensprünge und Kniebeugen) á 100 Wiederholungen. Dazu gibt es eine Zeitbegrenzung (timecap) von 35 Minuten. Und all das immer bei lauter Musik - zur Motivation.
»CrossFit ist anders - kurz und hart!«, steht auf der Internetseite www.crossfit-flensburg.de, die passend zur Grenzregion zweisprachig (dänisch und deutsch) gehalten ist.
Und es stimmt: Anstrengend ist es jedesmal und anders auch. Mal wird gerudert, mal steht Seilspringen an, mal Beinarbeit und mal der Oberkörper im Mittelpunkt. Beim CrossFit werden Kraft, Ausdauer, Schnellkraft, Schnelligkeit genauso trainiert wie Flexibilität, der Gleichgewichts-Sinn und die Koordination.
Unser Fazit
Die Fitnesstrainingsmethode CrossFit des gleichnamigen Unternehmens kommt aus den USA. In den 80er Jahren wurde das Trainingsprinzip dort von dem Kunstturner Greg Glassmann entwickelt. In den 90er Jahren machten immer mehr Boxen auf, in denen vor allem Polizei und Militär trainierten. In Dänemark betreibt beispielsweise auch das Leibgarderegiment CrossFit.
Vor rund zehn Jahren ist CrossFit ein Sport für jedermann geworden. Um als Trainer tätig zu sein und eine Box eröffnen zu können, müssen bei CrossFit Lizenzen erworben werden.
Seit sieben Jahren gibt es die »Reebok CrossFit Games«, eine Art Weltmeisterschaften im CrossFit, die zuletzt wieder im Juli ausgetragen wurden.
In Deutschland gibt es mittlerweile etwa 60 Boxen und in Dänemark sind es deren 40, davon alleine 18 in der Hauptstadt Kopenhagen.
Zum Schluss wollen wir darauf hinweisen, dass CrossFit weitaus komplexer ist als in dieser Kürze beschrieben.
Daher raten wir allen Interessierten - mit Berücksichtigung einiger Aspekte (siehe Artikel unten) CrossFit auszuprobieren: es lohnt sich. Wir waren jedenfalls bereits nach der ersten Einheit angetan und kommen bestimmt bald wieder.
Es gibt Pro und Kontra
CrossFit erfreut sich derzeit vielerorts größter Popularität, doch wie bei vielen anderen Trends gibt es auch bei diesem kritische Stimmen. Diverse Experten haben sich mit der Fitnessmethode auseinandergesetzt und weisen neben Vorteilen auch auf Risiken hin.
Ingo Froböse (Leiter des Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung an der Deutschen Sporthochschule Köln) sagt, dass CrossFit »natürlich äußerst effektiv« sei, weil nahezu alle 46 Muskelgruppen des Körpers beansprucht werden. In seinen Augen werden jedoch viele Menschen mit der Methode überfordert und setzen sich einer hohen Verletzungsgefahr aus. »Meine Befürchtung ist, dass CrossFit ein Massentrend wird, dem die Masse gar nicht gewachsen ist«, sagt Froböse.
Der dänische Sportphysiotherapeut John Verner sieht eher ein Risiko darin, dass sich Sportler zu viel zutrauen.
»Beim CrossFit besteht die Gefahr, sich selbst zu überschätzen. Für viele ist es schwierig, sich selber einzugestehen, dass der Nebenmann mehr Gewicht stemmen kann und deshalb gehen viele Sportler über ihre Grenzen hinaus. Dass ist ärgerlich, denn die Trainingsmethode an sich ist hervorragend«.
Joshua Wichtrup vom CrossFit Flensburg weiß um die Kritik, hält jedoch dagegen: »Bei uns wird strickt unter Anleitung trainiert und wenn jemand eine Übung falsch ausführt, weisen wir ihn darauf hin. Zudem wird bei uns in kleinen Gruppen trainiert, so ist es oft fast ein persönliches Training und wir achten darauf, dass sich zu Beginn niemand überfordert.«
Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass die Anweisungen, Hilfestellungen, Erklärungen - die Betreuung im Allgemeinen in der Flensburger CrossFit-Box exzellent ist.
Dass Argument des Verletzungsrisikos zählt für uns nicht, da es dies in jeder anderen Sportart auch gibt. Blauäugig sollte niemand an die Sache herangehen und für blutige Sport-Anfänger ist CrossFit möglicherweise tatsächlich nicht der Richtige Einstieg. Eine Portion Vernunft, Selbsteinschätzung sowie sportliches Grundverständnis schadet nicht. Panikmache und Verallgemeinerung dagegen schon.
Wir halten es daher mit den Worten des Sportfysioterapeuten Mogens Dam aus Dänemark. Er sagt: »Wenn die Qualität der Übungen stimmt, ist Crossfit fantastisch, da sowohl der Kreislauf als auch Kraft trainiert wird. Es gibt jedoch einige scharfe Kanten in diesem Sport, denen es auszuweichen gilt, ansonsten kann es schiefgehen.«
(FlA)


