Depression ja, aber nicht »alles egal«

Handball

17. Januar 2018, 18:10 Uhr

Ljubomir Vranjes spricht offen und ehrlich über eine frühere Depression. (Archivfoto: Lars Salomonsen)

Ein Fernseh-Interview von Lars Christiansen mit Ljubomir Vranjes schlug hohe Wellen. Der Schwede glättet die Wogen.


Varaždin. Sie gehören ohne Zweifel zu den ganz großen Figuren in der Geschichte von Handball-Bundesligist SG Flensburg-Handewitt: Lars Christiansen und Ljubomir Vranjes. Der eine als Spieler und der andere vor allem als Trainer. Gemeinsam prägten sie die Erfolgsgeschichte der SG seit Mitte der 90er zwei Jahrzehnte lang und sorgten für jede Menge Schlagzeilen. Und noch etwas haben sie gemeinsam: beide litten an Depression. 
Christiansen berichtete davon zum Ende seiner Karriere in seinem Buch »Når sandheden skal frem« (Wenn die Wahrheit ans Licht muss). Vranjes schreibt in seiner Biographie »Jag vill bara vinna« (Ich will einfach nur gewinnen), die im Juli 2016 auf den Markt kam, ebenfalls davon. Das Vranjes-Buch ist bislang nur auf schwedisch erschienen (nach eigener Angabe arbeitet Vranjes aktuell an einer deutschen Version) und daher ist seine Depression außerhalb Schwedens bislang scheinbar kaum bekannt gewesen. 

Kurz vor der Europameisterschaft hatte Vranjes in einem Interview gegenüber dem dänischen Sender »TV2« davon berichtet. Christiansen, TV-Experte des Senders und für die EM in einer neuen Rolle als Reporter, der bekannte Handballer interviewt, hatte den Schweden gesprochen. In einem launigen und tiefgründigem Interview, welches während der EM ausgestrahlt wurde, konfrontierte er Vranjes mit ernsthaften Themen. Es ging u.a. um die vermeintlich mangelnde Größe für einen Weltklasse-Handballer, die Vranjes in jungen Jahren stets vorgehalten wurde. Es ging auch um eine Episode, als ihm die Flensburger Fans ein Plakat mit der Aufschrift »Hobbyfotograf sucht Job« unter die Nase hielten. Sie waren damals unzufrieden mit einer Äußerung von Vranjes, der in einer sportlichen Krise und zum Ende seiner Karriere davon gesprochen hatte, dass Handball nicht alles für ihn sei und er sich in Zukunft vermehrt seinem Hobby, der Fotografie widmen wollte. Vranjes erklärte, dass ihm vor allem die Kritik der Anhängerschaft nahe ging, auch weil er seinerzeit (2007 und 2008) an einer Depression litt.

Fans traurig

Auf seinem Twitter-Profil postete Ljubomir Vranjes ein Bild vom Dreh-Termin mit Lars Christiansen. (Foto: twitter.com/LVranjes)

In Dänemark hat der Beitrag hohe Wellen geschlagen und natürlich auch die Flensburger Handball-Szene erreicht. Auf Facebook wurde in dem Forum »SG-Flensburg Handewitt mein Verein« fleißig über das Thema diskutiert und ein Teil der Fans äußerte sich sowohl verständnisvoll als auch traurig über diese Nachricht. Es steckten noch mehr Themen in dem Beitrag. 

Auf der Internetseite von »TV2« wurde zusätzlich ein Artikel dazu verfasst, der ebenfalls für Gesprächsstoff sorgte, weil er zunächst mit einer irreführenden Überschrift versehen wurde. Diese lautete ursprünglich »EM-træner var 'totalt ligeglad' - lod sin ven udvælge« und zielte darauf ab, dass Vranjes angeblich »alles egal« war, weil er seinen Freund die Aufstellung machen ließ. Mit dem Freund war Maik Machulla (sein Nachfolger als SG-Coach) gemeint, aber es waren Aussagen von Vranjes vermischt worden. Die Aussage, ihm sei »alles egal«, tätigte Vranjes in dem Interview tatsächlich, allerdings in Bezug auf seine Gefühlswelt in Verbindung mit der Depression und nicht im Zusammenhang mit der Mannschaftsaufstellung. Richtig ist, dass Vranjes in dem Beitrag auch davon spricht, dass er Machulla »im letzten Jahr die Aufstellung machen ließ«, aber nicht, weil ihm alles egal war, sondern weil er ihm mehr Verantwortung übertragen wollte. 
Auf unsere Nachfrage dazu sagte er außerdem: »Es stimmt nicht, dass ich Maik die gesamte Saison über die Aufstellung machen ließ. So war es zumindest nicht gemeint. Es waren lediglich die letzten wenigen Saisonspiele, als wir die Meisterschaft bereits verpasst hatten«. Damit wiederholte er, was er unserer Zeitung bereits im Juni 2017 in einem Interview gesagt hatte. Der Artikel von »TV2« wurde im Nachhinein überarbeitet und die Überschrift geändert. »Flensburg-Trainer ließ seinen Assistent die Aufstellung machen« (Flensburg-træner lod sin assistent vælge holdet) lautete die neue Variante, die mit einem Hinweis der Redaktion versehen ist, dass der Artikel geändert wurde, um die Zusammenhänge richtig wiederzugeben. Zum Thema Depression sagte Vranjes unserer Zeitung abschließend noch: »Es stimmt, ich hatte eine Depression. So steht es in meiner Biographie und dort kann es jeder nachlesen. Daher hatte ich auch kein Problem damit, Lars davon zu erzählen.« Was in dem Zusammenhang noch erwähnt werden muss, weil es ebenfalls in der Biographie steht: Vranjes hat genau wie Christiansen seine Depression überwunden.

Ruwen Möller