Fußballstar Max Christiansen: Von »Nullacht« auf Hundert

Porträt

25. Februar 2016, 18:40 Uhr

Der Senkrechtstarter: Ingolstadts Max Christiansen (links) hier im Duell mit Dortmunds Shinji Kagawa. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Flensburg. Die Karriereleiter des Max Christiansen kannte bislang nur eine Richtung. Über Flensburg führte der Weg des 19-Jährigen in die Bundesliga. Mit dem FC Ingolstadt kehrt der Mittelfeldmann am Sonnabend (15:30 Uhr) in den Norden zurück, gastiert mit dem Aufsteiger beim Hamburger SV. Als »sehr guten Jahrgang« bezeichnete Matthias Sammer vor einiger Zeit den Jahrgang 1996. Der Mann weiß, wovon er spricht. Es war das Jahr des Matthias Sammer, des großen Leaders auf dem Platz, der auf dem Zenit seiner Karriere die Saison seines Lebens spielte: Deutscher Meister, Deutschlands Fußballer des Jahres, Europameister, Spieler des Turniers, Europas Fußballer des Jahres - 1996 ging alles. Doch der Sportvorstand des FC Bayern meinte etwas anderes. Sammer sprach den 1996 geborenen Fußballhoffnungen seine Wertschätzung aus. In Kingsley Coman hat Sammer selbst ein hochbegabtes 1996er-Pferd im Stall. Mit Andreas Christensen, Nico Elvedi, Mahmoud Dahoud (alle Mönchengladbach), Sinan Kurt (Hertha BSC), Jonathan Tah (Leverkusen), Timo Werner (Stuttgart) und Leroy Sané (Schalke) scharrt ein ganzes Füllhorn an Altersgenossen derzeit mit den Hufen. Gut eine Autostunde von Sammer und Coman entfernt, im oberbayrischen Ingolstadt, schickt sich noch einer aus der »Sechsundneunziger«-Brigade an, an seinem Bundesligamärchen zu stricken: Max Christiansen, einst groß geworden bei Flensburg 08, ist in der Rückrunde in den Stamm der Mannschaft von Trainer Ralph Hasenhüttl aufgestiegen. Sein Traum von der Bundesliga, von der großen Bühne, er ist wahr geworden.

Goldrichtige Karriereentscheidungen

Der zentrale Mittelfeldmann ist mit zarten 19 Jahren angekommen im Profifußball. Nicht wenige vor ihm sind am Charaktertest des frühen Erfolgs gescheitert. Doch Christiansen wirkt geerdet und bescheiden. »Unser Jahrgang mag vielleicht etwas stärker als die vorigen sein. Ich denke, das ist Zufall. Viele von uns waren am richtigen Ort zur richtigen Zeit«, sagt er, der selbst bisher ein gutes Händchen bei den ersten Karriereentscheidungen hatte. Es war 2010, als der gebürtige Flensburger seine Heimatstadt und Jugendklub »Nullacht« in Richtung Holstein Kiel verließ. Ein Jahr später ging es nach Rostock, wo ihm über die A-Junioren der Durchbruch bei den Profis in der 3. Liga gelang. Im Januar 2015 dann der nächste Wechsel, nach Ingolstadt - erneut ein goldrichtiger Entschluss. Als »Teilzeitarbeiter« war Christiansen in der Rückrunde beteiligt am Aufstieg in die Bundesliga.

Seite an Seite mit Tah, Sané und Co.

Im Sommer 2015 der nächste große Schritt: die Teilnahme an der U19-Europameisterschaft in Griechenland. Am Ende stand zwar ein ernüchterndes Vorrunden-Aus der hochgehandelten deutschen Youngster, an Christiansen hatte es aber nicht gelegen: Konnte er bei der 0:3-Auftaktpleite gegen Spanien wegen einer Gelbsperre noch nicht mitwirken, agierte er gegen die Niederlande (1:0) und Russland (2:2) über 90 Minuten als Stabilisator im Zentrum. »Das hat mich weitergebracht«, blickt Christiansen zurück auf das Turnier an der Seite von Tah, Sané und Werner. Sie alle klopfen bereits mehr oder weniger vehement bei Joachim Löw und der A-Nationalmannschaft an die Tür, Tah und Sané werden gar als EM-Aspiranten beim amtierenden Weltmeister gehandelt. Und Christiansen? »Daran denke ich im Moment noch gar nicht«, lacht er das potenzielle Zukunftsthema etwas schüchtern weg. »Ich habe erst einmal in der U20 meine Leistung zu bringen. Ich will mich einfach weiterentwickeln in allen Bereichen. Vieles kommt dann automatisch«, so Christiansen, der nachschiebt: »Wenn man sich nicht verletzt.« Zuletzt allerdings war er angeschlagen, verpasste Teil II der »Norddeutschen Wochen« des FCI. Beim 0:2 in Wolfsburg noch dabei, verhinderten eine Woche später gegen Werder Bremen (2:0) Rückenprobleme eine Kadernominierung.

»Dort hat alles angefangen«

Nun folgt der dritte Streich, das Gastspiel beim HSV (Sonnabend, 15:30 Uhr). »Ich habe Dienstag wieder normal mittrainiert, der Rücken macht keine Probleme mehr«, hofft Christiansen auf einen Einsatz so nahe der alten Heimat und betont: »Das ist schon etwas Besonderes.« Denn den Norden hat der seit bald sechs Jahren im »Exil« lebende Youngster nie aus dem Blick verloren. »Man spricht viel mit Freunden und alten Bekannten, ehemaligen Mitspielern über die »alten Zeiten« - das vergisst man nicht. Dort hat alles angefangen«, schätzt Christiansen, dessen Familie noch an der Förde wohnt, den regelmäßigen Kontakt nach Hause. Ob es ihn vielleicht noch einmal dauerhaft als Spieler nach oben verschlägt? »Ich kann mir alles vorstellen, auch wenn ich so weit noch nicht denke. Das wird die Zukunft zeigen.« Zunächst zählt nur Ingolstadt, nur der Klassenerhalt. Und der ist für den Aufsteiger greifbar nah. Platz zehn mit 29 Punkten nach 22 Spieltagen sind ein herausragender Wert für den Neuling. »Was wir hier bislang geschafft haben, ist fast schon ein Wunder«, freut sich Christiansen. Er könnte das »wir« auch durch »ich« ersetzen. Doch so etwas würde dem geerdeten Flensburger nicht über die Lippen kommen. 


Marco Nehmer

Max Christiansen

• Geburtstag: 25. September 1996 

• Geburtstort: Flensburg 
• Verein: FC Ingolstadt 04 
• Im Verein seit: 09.01.2015 • Vertrag bis: 30.06.2018 
• Position: Zentrales Mittelfeld