Fazit

Positive Eindrücke überwiegen

Handball

28. Januar 2019, 08:30 Uhr

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat Lust auf mehr gemacht. Foto: Lars Salomonsen

Herning. Es hätte nicht mehr Drama sein können, mit dem die deutschen Handballer die WM beendeten. Eine 25:26-Niederlage gegen Frankreich in letzter Sekunde bedeutete das Verpassen einer Medaille und sorgte für ein bitteres Ende für eine Mannschaft, die einen solchen Abschluss mit dem Auftreten der vergangenen zweieinhalb Wochen nicht verdient hatte. Die wichtigsten Erkenntnisse der Heim-WM aus deutscher Sicht:


1. Trainer und Mannschaft haben sich gefunden


Vor einem Jahr war das erste Turnier mit Bundestrainer Christian Prokop krachend gescheitert. Der heute 40-Jährige hatte versucht, seine Idee vom Handball auf eine Mannschaft zu übertragen, die ablehnende darauf reagierte, auf diese Weise bevormundet werden zu sollen. Bei der WM im eigenen Land haben der Coach und die Spieler gezeigt, dass sie Lehren gezogen haben. Das Ergebnis: Die deutsche Nationalmannschaft trat als Einheit auf, Bundestrainer und Spieler verfolgten ein gemeinsames Ziel. Es bleibt zu hoffen, dass diese Symbiose über den Zeitraum der Heim-WM hinaus anhält.

2. Es fehlt ein Regisseur von internationalem Format

Die Verletzung von Martin Strobel im Hauptrundenspiel schockte die deutsche Mannschaft, denn der 32-Jährige von der HBW Balingen-Weilstetten hatte bis dahin ein starkes Turnier gespielt. Dass hier ein Bedarf besteht, bewies die Nominierung von Strobel. Dennoch fehlte der deutschen Mannschaft ein Topmann auf der Mitte. Paul Drux und vor allem der 22-jährige Tim Suton müssen in den kommenden Jahren nachweisen, dass sie internationale Klasse haben.

3. Die Abwehr ist Weltklasse

Mal wurde sie »Mauer von Berlin« tituliert, später als »Mauer von Köln« – die Abwehr der deutschen Mannschaft genügte höchsten Ansprüchen, auch wenn die Norweger im Halbfinale gezeigt haben, dass jede Mauer niedergerissen werden kann. »Wir können die beste Abwehr der Welt stellen«, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning. Mit Leidenschaft, Wille und klugem Kopf schafften es die Deutschen, immer wieder für Verzweiflung beim Gegner zu sorgen. Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek fügten sich im Innenblock zu einer Symbiose zusammen.

4. Uwe Gensheimer ist ein echter Kapitän

An der individuellen Qualität von Uwe Gensheimer hatte es nie Zweifel gegeben. Der Linksaußen gehört seit vielen Jahren zu den weltweit besten Spielern auf seiner Position. Das stellte er während der Heim-WM unter Beweis, auf »Uwe« war auf dem Spielfeld Verlass. Seiner Rolle als Kapitän wurde er nicht nur als Leistungsträger gerecht, sondern auch abseits des Platzes. Das große Pensum nach den Spielen absolvierte er nach Siegen ebenso wie nach Niederlagen – Gensheimer trug die Binde nicht nur, er verdiente sie auch. 

Michael Wilkening