Vranjes und die große Kontinuität

Vertragsverlängerung bis 2020

13. September 2015, 16:30 Uhr

SG-Trainer Ljubomir Vranjes (r.) og Beiratsvorsitzender Boy Meesenburg einigten sich bei einem Rotwein. (Foto: Tim Riediger)

Flensburg. Im Sommer 2009, nach dem Ende seiner Spielerkarriere, hatte er bereits in Skövde als Trainer unterschrieben. 2013 hatte er eine kurze Doppelfunktion als serbischer Nationalcoach inne, 2014 saß er auf gepackten Koffern in Richtung Paris und der deutsche Handballbund zerrte an ihm. Am Ende blieb er stets standhaft und in Flensburg – und wird dies auch noch die nächsten fünf Jahre tun. Ljubomir Vranjes hat seinen ursprünglich bis 2017 geltenden Vertrag bei den Norddeutschen vorzeitig um weitere drei Jahre verlängert. 

Sofort fällt einem ein: Einmal Flensburg, immer Flensburg. Auf niemanden trifft der Lieblingsspruch der SG-Fangemeinde aktuell mehr zu als auf Vranjes. Der Erfolgs-Trainer kam 2006 als Spieler und würde im Sommer 14 Jahre Flensburg voll machen. So lange blieb vor ihm nur die Legende Lars Christiansen. »Ich bin sehr glücklich, dass ich diesen Schritt gemacht habe«, sagte Vranjes am Sonnabend vor dem Spiel gegen Melsungen, als die Vertragsverlängerung auf einer Pressekonferenz vermeldet wurde. Diese begann genau um 16.17 Uhr statt – die 17 ist die Glückszahl von Vranjes. Bei »Rotwein, Käse und reichlich Kräckern«, verriet Boy Meesenburg, haben sich der Trainer und die SG am Donnerstag vergangene Woche endgültig auf weitere drei Jahre Zusammenarbeit geeinigt. »Wir haben jetzt langfristig Ruhe und ein deutliches Zeichen an ganz Europa gesendet«, sagte der Beiratsvorsitzende Meesenburg stolz über die nächste richtungsweisende Vertragsunterzeichnung der SG. Kader, Umfeld, Spielstätte und jetzt der Coach - die SG ist aktuell in allen Bereichen langfristig bestens aufgestellt. »Mit der Verlängerung des Trainers haben wir das i-Tüpfelchen gesetzt«, so Meesenburg, der eine einfache Erklärung dafür hat, warum der Verein dies so frühzeitig getan hat: »Wir wollten Ruhe schaffen, bevor es überhaupt eine Trainerfrage gibt und andernorts Begehrlichkeiten geweckt werden.« Und die gab es schon wieder in Form von losen Anfragen, wie Meesenburg bestätigte. Kein Wunder, schließlich ist der Erfolgscoach Vranjes weiterhin der derzeit angesagteste Trainer im Welthandball. »Es gibt nicht viele Vereine wo er überhaupt hingehen würde. Dazu höchstens noch einige Nationalmannschaften«, so Meesenburg, der diesen Konkurrenten ein echtes Schnippchen geschlagen hat und sagte: »Ljubomir ist der beste Trainer der Welt. Wir wollten ihn, die Spieler (die am Freitag informiert wurden/Red.) wollten ihn und er wollte uns.« Dabei ist sich Meesenburg durchaus dessen bewusst, dass die Entscheidung auch ein gewisses Risiko birgt, schließlich wisse niemand, ob Vranjes auch in drei Jahren noch Erfolg hat.

Rosige Zukunft

»Ljubo muss sportlich aber niemandem mehr etwas beweisen. Er kann sich mal in einem einzelnen Spiel verzocken, aber seine Kompetenz ist unbestritten. Außerdem bleiben große Trainer lange bei großen Mannschaften«, so Meesenburg, der zudem verriet, dass es weder eine Ausstiegsklausel noch eine festgeschrieben Ablösesumme im Vertrag von Vranjes gibt. Über konkrete Zahlen wollte der Beirats-Vorstand nicht sprechen, sagte aber so viel: »Teuer ist relativ. Aus heutiger Sicht ist der Vertrag gerecht und wir haben uns beide aufeinander zubewegt.« Er ließ durchblicken, dass dies bedeutet, dass die Bezüge von Vranjes angehoben wurden. »Wir können jetzt in aller Ruhe nach vorne schauen und am Kader weiter arbeiten. Schließlich wird in der Zeit von Vranjes ein weiterer Umbruch im Team stattfinden«, so Meesenburg, der allerdings auch nicht versäumte, dem Trainer eine gewisse Erwartungshaltung mit auf den Weg zu geben. »Druck das Niveau zu halten ist da. Wir hoffen auch in den nächsten Jahren auf Titeljagd gehen zu können«, so Meesenburg, der daran erinnerte, dass Vranjes nach dem Pokalsieg im Mai selber die Meisterschaft als Fernziel ausgegeben hat. Daran werden sie ihn in Flensburg messen. »Meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl hier«, so Vranjes, der seine Frau und die Kinder stets in die Entscheidung mit einbezogen hat. »Eine große Bedeutung hatten auch die Emotionen, die bei der SG eine Rolle spielen. Ich habe hier schon einiges miterlebt. Vieles davon erlebt man nicht überall. Ich weiß das, weil ich schon woanders war und andere Vereine und Städte kenne. Ich weiß auch, dass ich es hier sehr gut und eine Mannschaft habe, die in den nächsten Jahren angreifen kann.« Damit machte Vranjes noch einmal darauf aufmerksam, dass sich die Vorzeichen umgekehrt haben. Vor einem Jahr überlegte er nach Paris zu gehen, weil er es leid war, Top-Stars wie Steffen Weinhold abzugeben und finanziell hinten anzustehen. Jetzt kann er sagen: »Ich bin sehr zufrieden damit, dass der Verein geholfen hat, die Verpflichtungen zu tätigen, die wir getätigt haben. Es ist wichtig für mich, dass wir oben mitspielen können. Jetzt sehe ich eine große Zukunft für die SG.«            Ruwen Möller 

Vranjes und die SG: Der Schwede kam 2006 als Spieler von der HSG Nordhorn. Der heute 41-Jährige mit serbischen Wurzeln lief bei insgesamt 108 Pflichtspiele mit dem SG-Trikot und der Rückennummer 17 auf (169 Tore). In seiner aktiven Zeit als Handballer bestritt Ljubomir Vranjes 164 Länderspiele für Schweden und wurde unter anderem Welt- und dreifacher Europameister. Zudem gewann er Silber bei Olympia 2000. In der zweiten Hälfte der Serie 2008/09 wechselte Vranjes auf die Trainerbank und wurde Co-Trainer. Ab Sommer 2009 übernahm Ljubomir Vranjes zudem das Amt des sportlichen Leiters. Im November 2010 wurde er Cheftrainer und saß seitdem bei 262 Spielen auf der Bank. Mit Vranjes gewann die SG den Europapokal der Pokalsieger 2012, den Super Cup 2013, die Champions League 2014 und den DHB-Pokal 2015. Die IHF wählte Vranjes 2014 zum Welttrainer des Jahres der Saison 2014/2015. Sein neuer Vertrag gilt bis zum 30. Juni 2020.