Der große Titelcheck

Flensborg Avis vergleicht die Titelaspiranten

10. Mai 2016, 06:30 Uhr

Wer jubelt am Ende der Saison? (Foto: Lukas Schulze)

Flensburg/Kiel/Mannheim. Dieses Jahr ist der Titelkampf um die Deutsche Handballmeisterschaft ein Dreikampf zwischen den Rhein-Neckar Löwen, dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt. Vor den entscheidenden Wochen hat die Sportredaktion der Flensborg Avis einen Titelcheck durchgeführt.

Die Fakten

Löwen, Kiel oder die SG Flensburg-Handewitt - wer wird Deutscher Meister? Die Sportredaktion sagt, was für und was gegen die drei Titelanwärter spricht:

RN Löwen:

+ Titel in eigener Hand 
+ Die niedrigste Belastung zuletzt 
+ Schlüsselspieler allesamt fit 
+ Leichtestes Restprogramm - Druck des Tabellenführers (Favoriten) 

- Formtief 
- Abhängig von Spielmacher Andy Schmid 
- Déjà-vu droht (Im Vorjahr verloren die Löwen das Titelrennen im dramatischten Schlussakkord der Bundesliga-Geschichte)

THW Kiel:
+ Formkurve (zuletzt keine Nackenschläge, Final 4 der Champions League erreicht) 
+ Torwart Niklas Landin in Topform 
+ Wichtige Leistungsträger wieder dabei (Toft Hansen, Wiencek) 
+ Trainerfuchs Alfred Gislason (u.a. 7x Deutscher Meister als Trainer) 

- Schweres Restprogramm (in Magdeburg und Melsungen, Heimspiel gegen die SG) 
- Titel nicht in eigener Hand

SG Flensburg-Handewitt:
+ Am wenigsten Druck (war von vielen schon abgeschrieben) 
+ Jetzt-erst-Recht-Einstellung nach Nackenschlägen 
+ Breiter Kader

 - Der zuletzt überragende Rasmus Lauge ist verletzt 
- schlechteste Ausgangslage 
- schweres Restprogramm (Auswärtsspiele jetzt in Melsungen und Kiel)

Titelchancen: RN Löwen: 60 Prozent; THW Kiel: 30 Prozent; SG: 10 Prozent. 

Meister SG: So kann es klappen

Die Rhein-Neckar Löwen liegen schon sehr lange auf Tabellenplatz eins und wollen dort bleiben.
Aber vergangene Saison haben Trainer Nikolaj Jakobsen und seine Männer dieses Gefühl schon einmal gehabt - und mussten am Ende den THW Kiel noch vorbeiziehen lassen. 

Dieses Jahr ist die Kieler Mannschaft aber nicht mehr die gleiche. Viele wichtige Schlüsselspieler, allen voran Filip Jicha, haben den Verein verlassen und werfen nun andere Vereine zu Titeln. Nur die SG hat aufgerüstet und einen Kader, der zum Siegen verdammt ist. Auch wenn Flensburgs Bester, Rasmus Lauge, für den Rest der Saison ausfällt, hat Trainer Ljubomir Vranjes noch einen sehr breiten und starken Kader. Zum Beispiel Johan Jakobsson oder Kevin Møller, vermeintliche Bankspieler, könnten die SG diese Saison zum Titel führen. 
Was muss nun geschehen, damit die SG nach dem verlorenen Pokalfinale und dem Aus in der Champions League am Ende doch noch einen Titel holt? Schon am Mittwoch muss der THW Kiel zum frisch gebackenen Pokalsieger SC Magdeburg. Die Magdeburger haben zwar nach ihrem Titelgewinn zuletzt in der Liga gegen den Bergischen HC verloren, konnten aber ihren Titel noch nicht zu Hause mit ihren Fans feiern. Wenn die Magdeburger also so gelöst spielen, wie sie es im Pokalfinale gegen die SG Flensburg-Handewitt getan haben, dann könnten die Kieler ohne Punkte nach Hause fahren. 
Am gleichen Tag spielen die Rhein-Neckar-Löwen beim überraschend starken Liganeuling SC DHfK Leipzig. Besonders zu Hause konnten die Leipziger überzeugen, wo sie unter anderem gegen den SC Magdeburg und die Füchse Berlin gewonnen haben. Eben diese Füchse Berlin haben das Titelrennen wieder spannend gemacht und die Löwen geschlagen. Wenn am gleichen Spieltag die Flensburger in Melsungen gewinnen, sind sie (nach Minuspunkten) Tabellenerster. Am Wochenende bahnt sich dann schon die Vorentscheidung an. Voraussetzung für den Titelgewinn ist, dass die SG beim THW Kiel gewinnt. Das könnte sie auf Grund der größeren Breite im Kader und wenn Mattias Anderson im Tor der Flensburger besser hält als Kiels Niklas Landin. Wenn nun die Flensburger ihre letzten drei Spiele gegen Eisenach, Stuttgart und den Bergischen HC gewinnen, ist es egal, was der THW und die Löwen machen. Denn dann stehen die Flensburger ganz oben und dürfen mit ihren Fans feiern.

Kommentar von Mitarbeiter Sportredaktion: Grit Jurack: Pro: Die SG holt den Meistertitel

Die SG Flensburg-Handewitt wird Meister, weil sie am Ende auch mal Glück hat. Am kommenden Wochenende gewinnen die Flensburger aber beim THW Kiel, weil sie dieses Jahr den stärkeren Kader haben und wieder zu alter Stärke zurück finden werden. Außerdem spricht die Bilanz in dieser Saison dafür. Der letzte SG-Sieg ist noch gar nicht so lange her, hierbei wurden die Kieler (am 14. Februar in der Gruppenphase der Champions League) mit 10 Toren aus der Halle gefegt.

Ich ziehe die Ossi-Karte

Glück für die SG ist, dass die Löwen noch nach Leipzig müssen. Dort lassen sie ihre Punkte liegen. Der SC DHfK ist dieses Jahr eine Macht, wenn sie zu Hause spielen. Ich bin mir sicher, dass Leipzig die Löwen zähmen wird. Magdeburg wir übrigens am Mittwoch zu Hause gegen den THW gewinnen. Die Magdeburger werden nach ihrem Pokaltitel zu Hause ein Fest feiern und dies mit einem Sieg über den THW krönen. Jetzt muss die SG nur noch ihre fünf letzten Spiele gewinnen und das wird sie.


Kommentar von Sportredakteur Marc Reese: Contra: Die SG geht leer aus

Die SG Flensburg-Handewitt wird in dieser Saison leer ausgehen, da lege ich mich fest. Meister werden die Löwen. Oder Kiel.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SG bei diesem schweren Restprogramm alle vier Spiele gewinnt und die Löwen gleichzeitig entscheidend patzen.
Es ist jammerschade, dass Rasmus Lauge ausgerechnet in der Schlussphase des Titelrennens verletzt ausfällt. Der Däne ist wie eine Rakete bei der SG eingeschlagen, übernimmt trotz seines noch immer jungen Alters in höchstem Maße Verantwortung. Ein Klasse-Mann.
[MR]Lauge-Ausfall schmerzt[/MR]
Seinen Ausfall werden die SG-Handballer insbesondere am Sonntag beim Erzrivalen THW Kiel spüren. Der Verlierer ist auf jeden Fall weg vom Fenster im Titelrennen.
Die SG Flensburg-Handewitt verliert den Titel aber nicht im Endspurt. Das hat sie aus meiner Sicht bereits getan, als die Beine und Köpfe noch frischer waren: die Fördestädter haben im - was die Bundesliga anbelangt - schwachen September mit den Niederlagen gegen Melsungen und Wetzlar sowie dem Remis gegen die Füchse früh in der Saison zu viele wichtige Punkte liegengelassen. Das waren ein, zwei »Ausrutscher« zu viel.
Vor der Saison habe ich fest daran geglaubt, dass die SG Flensburg-Handewitt mit diesem aufgepeppten Kader Meister wird.
Das tue ich nicht mehr.

Grit Jurack/ Marc Reese/ Thomas Bleicher