Stefan Kretzschmar: »Diese Spannung ist sensationell«

Interview mit "Kretzsche"

06. Oktober 2015, 17:50 Uhr

Stefan Kretzschmar (re.), sitzt im Aufsichtsrat der SC DHfK Leipzig. (Archivfoto: Peter Endig/dpa)

Flensburg/Leipzig. Er ist neben Heiner Brand das wohl bekannteste Gesicht des deutschen Handballs: Stefan Kretzschmar. Der 218-fache Ex-Nationalspieler sitzt inzwischen ehrenamtlich im Aufsichtsrat des Aufsteigers SC DHfK Leipzig. Im Interview mit Flensborg Avis spricht der in Leipzig geborene 42-Jährige über die imponierende Entwicklung seines Vereins, die Freude auf Partien wie die am Mittwoch (19 Uhr) gegen die SG Flensburg-Handewitt sowie den spannenden Titelkampf in der Saison 2015/2016. 

Flensborg Avis: Hallo, Herr Kretzschmar. Der SC DHfK Leipzig trifft als Aufsteiger in die 1. Bundesliga inzwischen wöchentlich auf Top-Teams, am Mittwoch geht es gegen die SG Flensburg-Handewitt. Ist die Euphorie in Verein und Umfeld noch immer sehr zu spüren?

Stefan Kretzschmar: Wenn man auf die ersten Ergebnisse guckt auf jeden Fall (Leipzig hat 7:7 Punkte, feierte bereits Siege gegen den HSV, Magdeburg und Lemgo, Red.). Das hat einige Emotionen freigesetzt und die Euphorie ist ungebrochen. Für mich ist das wie ein Traum, der in Erfüllung geht. Wenn man bedenkt, wo wir vor einigen Jahren noch standen und du dann heute in den Spielkalender guckst und siehst das stärkste, was es im deutschen Handball gibt - das ist schon klasse. Klar, im Sport heißt es immer ´weiter, immer weiter`, aber man muss sich auch mal zurücklehnen und genießen - etwa so ein Punktspiel am Mittwoch gegen die SG. 

Welche Erwartungen haben Sie für diese Saison?
Kretzschmar: Das sage ich Ihnen ganz ehrlich: Unser Ziel ist erstmal einzig und allein der Klassenerhalt. Der Unterschied zwischen der 1. und 2. Bundesliga ist gewaltig.

Der SC DHfK Leipzig hat nicht so viel Geld zur Verfügung, wie beispielsweise die Fußballer von RB Leipzig. Trotzdem hat der Verein tolle Jahre hingelegt. Worauf führen Sie diese Erfolgsgeschichte zurück?
Kretzschmar: Wir haben aber auch einen ganz guten Etat. Der lag vor sechs Jahren, als wir anfingen, noch bei 50.000 Euro, und heute bei 2,4 Millionen. Das ist ganz ordentlich. Ein wesentlicher Grund für unseren Erfolg ist ganz sicher unser Trainer (Christian Prokop, Red.). Das ist änlich wie bei der SG Flensburg-Handewitt. In so einer verantwortungsvollen Position ein positiv Verrückter. Einer, der die Gegner genau analysiert und seziert. Das ist sicherlich einer der Grundpfeiler unseres Erfolges. Außerdem haben wir eine homogene Truppe, die hungrig auf Erfolg ist. Sie geht in jedes Spiel, als gäbe es kein Morgen. 

Aus Flensburger Sicht interessiert uns natürlich auch, wie Sie das Meisterschaftsrennen in dieser Saison 2015/2016 einschätzen. Einer Saison, in der sowohl der THW Kiel als auch die SG Flensburg-Handewitt frühzeitig Federn gelassen haben, während die Rhein-Neckar Löwen mit weißer Weste momentan oben stehen.
Kretzschmar: Das wird eine unfassbar geile Saison in der Handball-Bundesliga. Das ist Balsam für jede Seele nach der Tristesse an Meisterschaftsansammlungen des THW Kiel. Vier, fünf Mannschaften können oben mitspielen. Momentan haben die Löwen die Nase vorn, aber Flensburg und Kiel werden ein gewichtiges Wörtchen mitreden, wenn es um den Titel geht. Auch Berlin und Melsungen ist einiges zuzutrauen. Diese Spannung ist sensationell, unheimlich erfrischend, mit engen Spielen. Ich weiß, es wirkt wie eine abgedroschene Floskel, aber momentan kann wirklich fast jeder jeden schlagen. Flensburg hat eine gute Mannschaft, ist sehr homogen, ich glaube Flensburg wird einen langen Atem haben. 

Hand aufs Herz - Wer wird Meister? 
Kretzschmar: Hier und Jetzt würde ich sagen die Rhein-Neckar Löwen. Es ist aber schwierig, einen Tipp abzugeben und vielleicht sage ich am Mittwoch schon was ganz anderes. Es wird bis zum Ende spannend bleiben und die großen Drei - Kiel, Flensburg und die Rhein-Neckar Löwen - werden vorne sein. Jetzt aber einen Meistertipp zu geben wäre völlig irre. 

Mit Stefan Kretzschmar sprach Marc Reese

Fakten

Stefan Kretzschmar 

• Geboren am 17. Februar 1973 in Leipzig 
• Länderspiele: 218 (821) Tore • Vereine als Spieler: SC Magdeburg (1996-2007), VfL Gummersbach (1993-1996), SV Blau-WEiß Spandau (1991-1993), Jugend bei SC Dynamo Berlin (1985-1991)
• Bundesliga Spiele: 421 (1694 Tore) 
• 30.6. 2007 - 31.8. 2009 Sportdirektor beim SC Magdeburg 
• Seit 1. Dez. 2009 im Aufsichtsrat beim SC DHfK Lepzig.