Handball

Außergewöhnliches Jahr 2019 mit Belohnungsaufschub beenden

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Thomas Bleicher
23. Dezember 2019, 18:10 Uhr

Die SG-Spieler um Jacob Heinl (2. v. l.) wollen auch gegen Minden wieder zwei Punkte holen. Fotos: Uwe Anspach/dpa

Flensburg. Weihnachten bedeutet für Bundesliga-Handballer nicht nur Familie, Festtage und eine besinnliche Zeit. Es stehen auch stets Training und ein Pflichtspiel-Termin auf dem Programm. So auch für die SG Flensburg-Handewitt, die am Donnerstag, den 26. Dezember (14 Uhr/live Sky) auf GWD Minden trifft. »Wir freuen uns, dass wir ein Heimspiel haben und nicht reisen müssen. Im letzten Jahr mussten wir nach Ludwigshafen«, so SG-Coach Maik Machulla, der sich und seinen Spielern an Heiligabend frei gab, aber bereits am 1. Weihnachtsfeiertag wieder zum Training bat. 

»Unser Vorteil ist aber, dass wir danach kein weiteres Spiel haben«, so Machulla. Dies liegt daran, dass die SG-Partie bei den Rhein-Neckar Löwen (24:22-Sieg, wir berichteten) vom 29. Dezember auf den vergangenen Sonnabend vorgezogen worden war. »Natürlich ist Weihnachten, aber es steht einfach noch ein Spiel an, und es geht um zwei Punkte, die wir unbedingt holen wollen«, meinte der Übungsleiter. »Die guten Spieler schaffen es, ihre Arbeit erst fertigzumachen«, so der SG-Coach der in dem Zusammenhang einen Begriff aus der Psychologie bemüht und vom »Belohnungsaufschub« spricht. »Für uns ist Weihnachten erst am 26ten ab 16 Uhr«, so der 42-Jährige. Und wer weiß, wenn sich die SG zwei Punkte unter den heimischen Weihnachtsbaum legt, rückt sie möglicherweise noch dichter an Tabellenführer THW Kiel heran. Die Kieler verloren am Sonntag ebenso überraschend zu Hause gegen Wetzlar, wie die SG am Donnerstag in Ludwigshafen unterlegen war.

Kiel -Pleite per SMS

Machulla hatte das THW-Spiel nicht gesehen, wurde aber per SMS von seinem Co-Trainer Mark Bult über das Ergebnis informiert. »Es ist eine verrückte Liga«, so Machulla, der noch einmal sagte: »Letzte Saison haben wir und Kiel uns einfach keine Ausrutscher erlaubt und da wäre man mit zehn Minuspunkten kein Titelkandidat mehr gewesen. Dieses Saison ist alles eng und immer noch alles möglich, aber wir tun gut daran, nicht ständig über die Tabelle zu reden. Vielmehr müssen wir unser Spiel stabilisieren und konstant agieren, dass ist unsere Herausforderung.« Daher ärgerte er sich nach der Kiel-Niederlage auch nicht nochmal über das verlorene Spiel bei den Eulen. »So ein Spiel kann man im Laufe einer Saison haben, da waren wir auch nicht gut genug.« Nervig findet er vielmehr die verpassten Siege in Wetzlar und Stuttgart, weil sein Team dort den jeweiligen Ausgang am Ende in der eigenen Hand hatte. Beim Blick auf das große Ganze ist der zweifache Meistertrainer jedoch zufrieden. Gegen Minden bestreitet er sein 88. Bundesliga-Spiel als Trainer der SG. Dabei gab es bisher nur elf Niederlagen. »Das zeigt mir, dass wir alle einen guten Job gemacht haben«, so Machulla stolz. Ganz nebenbei könnte die SG mit einem Heimsieg gegen Minden zum zweiten Mal in Folge ein Kalenderjahr ohne Punktverlust in eigener Halle abschließen. Die letzten 32 Liga-Partien in der Hölle Nord wurden gewonnen. »Unglaublich«, findet Machulla, will die Serie deswegen aber nicht in den Fokus rücken. Ganz im Gegenteil: »Die zwei Punkte wollen wir so oder so und wenn dann zwei Jahre ohne Niederlage dabei rausspringen, umso schöner.« Genau vor zwei Jahren, am 26. Dezember gab es beim 27:27 gegen Hannover-Burgdorf den letzten Punktverlust. Die letzte Heim-Niederlage kassierte die SG knapp 14 Tage davor gegen den THW Kiel (27:35). Damals ging Flensburg ebenfalls mit zehn Minuspunkten in die Winterpause - am Ende wurde die SG trotzdem Meister. »Wir sollten nicht zu sehr schauen, was nächstes Jahr im April oder Mai los ist«, so Machulla, der aber gerne 2019 einstufte. Trotz einiger Tiefen in dieser Halbserie fällt das Trainer-Fazit unterm Strich positiv aus. Das Jahr war für Machulla »außergewöhnlich«. Kein Wunder, gab es doch die Titelverteidigung in der Meisterschaft sowie den Supercup und etliche große Siege zu bejubeln. »Ich wünsche mir, dass wir und die Zuschauer, dass sich alle am Donnerstag daran erinnern, damit wir gemeinsam nochmal ein Handballfest feiern«, stellte der SG-Coach seinen Wunschzettel auf. Für Marvin Lier ist es der letzte Auftritt im SG-Trikot. Da der Heilungsprozess bei Hampus Wanne wie gewünscht verläuft (O-Ton Machulla: »Es sieht es gut aus«), wird die Ausleihe des Schweizers wie abgesprochen am Jahresende beendet und er kehrt zu Pfadi Winterthur zurück. Nicht ausgeschlossen, dass der Linksaußen, der im Januar die EM spielt, im Sommer erneut nach Deutschland wechselt. »Ich traue es ihm zu, er hat die Qualität und es gab bereits Anfragen von anderen Clubs bei uns«, so Machulla, der Lier als »guten Typ« mit der »richtigen Einstellung« bezeichnet.

Zukunft von Heinl, Jeppsson und Versteijnen

Gegen Minden nicht spielen wird Lasse Svan. Dem Dänen geht es nach seiner Schulterverletzung schon »deutlich besser«, wie er am Montag sagte, aber ein Einsatz wäre selbst für ihn überraschend. Eine weitere Untersuchung sollte darüber Aufschluss geben, wie mit der Flüssigkeit in seinem Gelenk umgegangen werden soll. Ebenfalls nochmal zum Arzt musste Magnus Rød am Montag, der sich mit einer Wassereinlagerung im Hüftbereich herumquält. Seinen Einsatz bezeichnete Machulla als »fraglich«. Mit Holger Glandorf und Niels Versteijnen stehen jedoch zwei weitere Linkshänder bereit. Wobei der junge Niederländer womöglich bald nicht mehr dabei ist. Machulla deutete an, dass es Überlegungen gibt, Versteijnen nach der EM mit einem Zweitspielrecht für einen Zweitligisten auszustatten. »Er muss spielen und wir müssen schauen, was für beide Seiten gut ist. Egal wie, wir wollen am Ende den Finger drauf haben.« Mit Lübeck-Schwartau und dem HSV gibt es zwei Vereine in der Nähe, die in der 2. Liga spielen. Simon Jeppsson bekam von Machulla für seine letzten Auftritte viel Lob, der Schwede dessen Vertrag im Sommer ausläuft, ist aber dennoch ein Wackelkandidat was eine SG-Zukunft angeht. Machulla will zwar eine Verlängerung nicht ausschließen, sagte angesichts der bereits feststehenden Verpflichtungen von Mads Mensah Larsen und Lasse Møller aber auch: »Es kann nicht im Interesse von Simon sein, hier zu bleiben.« Genau wie sich die SG mit anderen Namen beschäftigt hat, findet es Machulla »legitim«, dass sich Jeppsson nach neuen Vereinen umschaut. Interessenten soll es im In- und Ausland geben. Spätestens nach der EM wird eine Entscheidung erwartet. Bei Jacob Heinl, der als Simon Hald-Ersatz einen Vertrag bis zum Saisonende erhalten hat, wird es sicherlich noch etwas länger dauern. In der aktuellen Form könnte sich Machulla sogar vorstellen, ihn doch weiter an die SG zu binden und sagte: »Wir werden ihm die Tür nicht zumachen und man weiß nie, wie bei Simon die Reha verläuft«. Auf der anderen Seite sind dem Trainer vier Kreisläufer im Kader einer »zu viel« und Heinl sei »nicht mehr der jüngste«. Dennoch lobt Machulla seinen neuen Abwehrchef. »Die Zeit in Dänemark hat ihm gut getan, er hat sich erholt und nochmal enorm entwickelt. Er ist jetzt ein richtiger Leader geworden und hat die Rolle von Tobias Karlsson eingenommen.« 


Ruwen Möller