Bloß nicht das M-Wort aussprechen

Fankultur

03. Juni 2018, 11:01 Uhr

Wollen heute die zweite Meisterschaft feiern: die Fans der SG. Archivfoto

Flensburger Fanclubs bereiten sich auf das Saisonfinale der SG vor.
Von der möglichen Meisterschaft will allerdings noch niemand wirklich reden.

Flensburg. Seit einigen Tagen scheinen sich die Gespräche in Flensburg nur noch um ein Thema zu drehen: Das Spiel der SG Flensburg-Handewitt gegen Frisch Auf Göppingen am Sonntag in der heimischen Flens-Arena.
Der Sieg gegen die Baden-Württemberger im letzten Spiel der Saison würde für die SG die erste Deutsche Meisterschaft seit 2004 bedeuten. Der Druck ist also groß. Und bei den vier Flensburger Fanclubs Hölle Nord, Die Wikinger, Alte Garde und Nordlichter laufen die Vorbereitungen für das Saisonfinale und den möglichen Titelgewinn auf Hochtouren.

Auch wenn noch niemand wirklich gerne darüber reden möchte.
»Das M-Wort wird bei uns nicht benutzt. Das bringt Unglück. Wir halten es da wie Maik Machulla«, spielt Astrid Jöhnck vom Fanclub Die Wikinger auf den Flensburger Trainer an.
Viele Abschiede
Doch böse Omen hin oder her, die Chance auf die Meisterschaft hat einiges durcheinandergebracht in den Plänen der Flensburg Fanclubs.

Seit April sind die Mitglieder der Alten Garde bereits dabei, Vorbereitungen für die Spieler zu treffen, die am Sonntag ihr letztes Spiel haben. Es verlassen sowohl die beiden Torhüter Mattias Andersson und Kevin Møller, die Fan-Lieblinge Thomas Mogensen und Jacob Heinl, als auch die beiden Nationalspieler Kentin Mahé und Henrik Toft Hansen den Verein zum Saisonende.
»Jetzt müssen wir natürlich ganz anders planen. Dass wir eventuell Meister werden könnten, damit hatte eigentlich keiner mehr gerechnet«, erklärt Sven Anker, Vorsitzender des SG-Fanclubs Alte Garde.
Wenn Sven Anker von der SG Flensburg-Handewitt redet, dann redet er von »Wir«. Das Team und die Fans gehören selbstverständlich zusammen.
Kein Public Viewing
Zu sehr möchten die Fans allerdings nicht ihre Hoffnungen aufbauen.
»Wir haben schon zu viel mitgemacht. Auch im letzten Jahr hatten wir die Meisterschaft fast schon sicher und dann haben wir es doch wieder verbockt. Ich fange erst an zu feiern, wenn wir fünf Minuten vor Schluss mit zehn Toren führen«, erklärt der Fanclub-Chef.
Die Freundschaft zwischen den Fans der beiden Vereine, die seit fast 15 Jahren besteht, soll Sieg oder Niederlage aber nicht trüben.
»Die Saison hat 34 Spiele und Göppingen ist nur einer der Gegner. Wenn wir gewinnen sollten, verdanken wir die Meisterschaft also nicht nur dem Sieg gegen Göppingen, sondern auch allen anderen Siegen. Das gleiche gilt auch im Falle einer Niederlage«, erklärt Sven Anker.
Den Fanclub Nordlichter trifft die plötzliche Chance auf den Meistertitel genauso überraschend wie die anderen Anhänger.
»Wir haben tatsächlich im Fall der Meisterschaft noch gar nichts geplant. Bisher hatten wir uns auf die Verabschiedung unserer Jungs konzentriert. Aber wir sind natürlich vor Ort und werden von unserer Seite aus alles tun, um die Mannschaft zu unterstützen, erklärt Heike Jensen, Vorsitzende des Fanclubs Nordlichter.
Bei all der Euphorie und einem möglichen Titel vor Augen, gibt es aber auch Kritik.
»Wir sind etwas verschnupft, weil es kein Public Viewing vor der Halle geben wird«, erklärt Jensen.
Zuvor ist bekannt geworden, dass der Fernsehsender Sky die Rechte für die Übertragung vor der Halle nicht rausgeben wird. Die erhoffte Live-Übertragung des Spiels vor der Flens-Arena wird es also nicht geben.
»Uns erreichen laufend Anfragen, ob es ein Public Viewing geben wird, und wir müssen alle enttäuschen. Es ist wirklich traurig, dass all die Menschen, die schon kein Ticket für das Spiel bekommen haben, nun auch keine Chance mehr haben, es gemeinsam beim Public Viewing zu verfolgen«, kritisiert Jensen. Stattdessen wird es vor der Halle ein sogenanntes »Public Hearing« geben.
»Klar, ein Public Hearing ist besser als gar nichts. Aber es ist ein Armutszeugnis, den Fans in Flensburg dieses historische Ereignis zu verwehren«, sagt Astrid Jöhnck von Die Wikinger.
Denn für viele Flensburger sei die erste Meisterschaft seit 14 Jahren nicht weniger als das.
»Man hätte etwas richtig Schönes daraus machen können und Sky hätte sicherlich einige Neukunden akquirieren können. Stattdessen bleibt nun ein fader Nachgeschmack«, sagt Jöhnck, die zu den 6300 Glücklichen gehört, die ein Ticket für das ausverkaufte Spiel haben.

Lennart Adam