Mit leeren Händen aus dem Derby

Handball-Bundesliga

Thomas Bleicher
14. November 2016, 09:20 Uhr

Nicht zu fassen! Die SG Flensburg-Handewitt ließ am Sonntag in Kiel eine herausragende Chance liegen, dem THW in der Bundesliga ein wenig zu enteilen. Zu viele technische Fehler mitsamt einer langen Torflaute waren Hauptgründe für die hauchdünne 23:24-Niederlage. (Foto: Lars Salomonsen)

Kiel. Die SG Flensburg-Handewitt ließ am Sonntagabend eine gewaltige Chance liegen. Die Mannschaft von Trainer Ljubomir Vranjes unterlag dem Erzrivalen THW Kiel in der Handball-Bundesliga in einem hochdramatischen Spiel mit 23:24 (14:11) und ließ im zehnten Saisonspiel erstmals Federn. 

Die SG führte zwar phasenweise mit bis zu sechs Toren (13:7, 14:8), hatte dann aber im zweiten Spielabschnitt lange Ladehemmung und agierte mit vielen technischen Fehlern. Nach einem von Anders Eggert vergebenen Siebenmeter in der Schlusssekunden standen die verzweifelten Flensburger mit leeren Händen da. 

Vranjes: »Ich bin traurig«

»Ich bin traurig, dass wir nicht zwei Punkte geholt haben«, sagte SG-Trainer Ljubomir Vranjes auf der Pressekonferenz. »Die erste Halbzeit war fast optimal, sowohl in Abwehr, Angriff als auch im Tor. In der zweiten Halbzeit taten wir uns schwer mit der Abwehr vom THW, plus Torwart - das hat uns weh getan. Aber Kiel hat wegen unserer einfachen Fehler gewonnen«, sagte der SG-Trainer. Auch Linksaußen Holger Glandorf, der sich in der zweiten Halbzeit am rechten Oberschenkel verletzte, ärgerte sich über die vertane Chance, sagte aber auch: »Wir haben eine Riesenmoral gezeigt. Kiel bei nur 24 Gegentoren in eigener Halle zu halten ist eine starke Leistung. Wir hätten einen Punkt verdient gehabt«, so Glandorf.

Chancen ungenuntzt

Nichts wie weg. Nach Spielschluss verließen die SG-Spieler in Windeseile das Parkett der Kieler Arena. (Foto: Lars Salomonsen)

Die SG fand in der pickepacke vollen Kieler Arena hervorragend ins Spiel. Die Mannschaft von Ljubomir Vranjes agierte hochkonzentriert, bissig und in höchstem Maße fokussiert. Bis zum 4:4 waren beide Teams auf Augenhöhe, dann setzten sich die von SG-Spielmacher Thomas Mogensen angetriebenen Flensburger ab. Torwart Mattias Andersson, der hinter einer immens starken Deckung stand, entschärfte mehrere wichtige Bälle - und vorne wurden die Chancen meist in Tore umgemünzt. 

Über 6:4, 8:5 und 11:7 setzte sich die SG sogar bis auf sechs Tore ab. Die SG ließ dann aber in den wichtigen Minuten vor der Halbzeit glasklare Chancen ungenutzt, so dass die Hausherren den Halbzeit-Rückstand (11:14) erträglich hielten. 
Nach der Pause dann lief lange nichts mehr für die SG. Über zehn Minuten lang trafen die Gäste das Tor nicht mehr. Das Gehäuse von Nationaltorwart Andreas Wolff im THW-Tor schien wie vernagelt. Er hielt erstmal alles. Der THW holte Tor um Tor auf und ging dann mit 16:15 in Führung. 
Erst der Däne Lasse Svan mit dem 16:16 beendete die ellenlange Torflaute. Das Niveau aus der ersten Halbzeit fand die SG, die über das gesamte Spiel gesehen enorm viele glasklare Chancen liegenließ, nicht wieder. Sie rackerten, kämpften, standen bisweilen bombig in der Verteidigung; mit einer Vielzahl technischer Fehler - die immer wieder bestraft wurden - sowie ausgelassener Chancen, stellten sich die Vranjes-Schützlinge selbst ein Bein. 
Als Domagoj Duvnjak knapp anderthalb Minuten vor Schluss das 24:22 markierte schien die Angelegenheit zu Gunsten der Hausherren entschieden, Lasse Svan aber hielt die Chance am Leben (23:24). Er war es dann auch, der quasi mit dem Schlusssignal gefoult wurde - sein Landsmann Eggert traf in seiner Paradedisziplin Siebenmeter aber nur den linken Innenpfosten. 
Mit dem Sieg übernahm der THW (20:2 Punkte) vorerst die Tabellenführung und ist gut gerüstet für das Wiedersehen beider Teams in der Champions League (20. und 23. November). 

THW Kiel: Wolff, Landin - Duvnjak 5, R. Toft Hansen, Weinhold 4, Wiencek 5, Ekberg 4, Vujin 2, Bilyk 1, Nilsson 1, Santos, Dahmke 2, Lackovic, Sprenger.
SG Flensburg-Handewitt: Andersson, Møller - Karlsson, Eggert 5/3, Glandorf 2, Mogensen 5, Svan 3, Jakobsson 3, Zachariassen, H. Toft Hansen 3, Gottfridsson, Lauge, Mahé 2.
Siebenmeter:2/0: 5/3
Zeitstrafen: 5:3
Zuschauer: 10.285
Schiedsrichter: Andreas Pritschow/Marcus Pritschow

Von Marc Reese